Artikel von Heli O Retzek
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Artikel von Heli O. Retzek

 

Übersetzung eines Artikels von Robin Logan: Cyclamen

siehe auch

 

Publiziert in der Homöopathie-Zeitschrift II/01, S63-74

Homöopathische Therapie alter Menschen: manchmal beeindruckende Erfolge

von Dr. Helmut B. Retzek

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Das Thema Geriatrie in der Homöopathie [1] stellt sich für mich in der täglichen Praxis nicht augenscheinlich, denn wir analysieren optimalerweise jede Krankheit bei jedem Patienten unabhängig von Alter und Hintergrund mithilfe des Similegesetzes[2]. Die Auswahl der uns zum "heilenden" Mittel führenden §153 Rubriken ist jedoch sehr wohl von Konzepten wie Miasmatik, Mental-State, einseitige Krankheit u.a. mitbestimmt. Überlegungen, die u.U. gerade bei alten Patienten mit seinem Konglomerat vieler Symptome in besonderer Art und Weise mit hineinspielen.

Laut meines Praxisprogrammes liegt das Durchschnittsalter aller 2300 bisher aufgenommenen Patienten bei 33 Jahren, ich durfte bisher etwa 120 über-70-jährige aufnehmen.

Ich habe nun versucht diese „geriatrischen Patienten“ gedanklich Revue passieren zu lassen und rückblickend eine Art (relative) Gruppierung der Kasuistiken nach unterschiedlichen Gesichtspunkten vorzunehmen[3]. Diese Einteilung könnte hinsichtlich des Schwerpunktes der Auswertung und Prognose von Interesse sein. Ideen werden ja durch bestimmte "Schlüsselfälle" geweckt und ich werde einige derartige Fälle zitieren um die von mir zur Diskussion gestellten Thesen in ihrer Praxisrelevanz zu verdeutlichen[4]. Schliesslich möchte ich noch gerne meine Beobachtungen im Umgang und "Führung" alter Menschen mitteilen.

 

Welche alte Patienten betreten nun die Praxis:

1. Patienten, die fast immer gesund waren

Dieser Patient hat einen Arzt nur alle paar Jahre gesehen, selbst im Alter. Er war immer leistungsfähig, lebensfroh, ist sozial gut integriert, hat meistens warmherzige Angehörige, die an seiner Gesundheit interessiert sind, sich auch zur Anamnese reinsetzen  und um die Nachbetreuung kümmern. Diese Begleiter sind während der Anamnese von grosser Wichtigkeit, da sie oft vieles beitragen, an das sich der Alte nicht erinnert, es verklärt oder verdrängt, ihm keine Relevanz beimisst, da es ja „50 Jahre her ist“ oder er meint „das ist normal, daran leide ich schon immer“. Hier sah ich eigentlich nur folgende Fälle: 1.1) zunehmendes Organversagen aus Altersgründen, 1.2) reaktive Störungen, meist als Folge des Verlustes von Partner oder Kind, und 1.3) das Alterskarzinom.

 

2. Patienten, die Träger einer chronischen Störung sind

werden meistens von einem Angehörigen, interessanterweise oft von einer Schwiegertochter oder einem Enkel gebracht, sitzen auch öfter alleine bei mir herinnen.

Hier unterscheide ich die 2.1) (infektions-miasmatische) Störung (siehe ausführliche Fußnoten weiter unten) und 2.2) das „Lebensthema“. Beim Gross der Patienten liegen aber sicher 2.3) eine miasmatische Prädisposition verstärkt durch ein ungelöstes Lebensthema vor.

 

ad 1.1  „gesunde“ Menschen am Ende ihres Lebens

Hier entsprechen Erkrankungen im wesentlichen den zunehmenden altersbedingten Schwächen einzelner Organe. Wenn keine durchdringende Phosphor-Störung auf allgemeiner Ebene da war, sondern nur ein „phosphorischer Charakter“ bei einem „immer Gesunden“ und jetzt - mit 93 Jahren - das Herz die magische Grenze von 800 Millionen Schlägen erreicht hat und wie vorherbestimmt den Dienst versagt, wird das „Konstitutionsmittel[5]“, so wir dies bei einem derartigen Patienten überhaupt postulieren können, keinen eindrucksvollen Erfolg erzielen, wenn es nicht GLEICHZEITIG ein besonders bewährtes Mittel für eben derartige Organschwächen ist[6].

Das Konstitutionsmittel eliminiert auf grundsätzliche, übergeordnete Weise eine Störung der Regulation des Organismus, wir stimmen es ja auch auf die „Allgemeinsymptome“ (Temp, Schweiss, Verdauung ...) ab. Der „gesunde“ Alte litt bisher kaum an derartigen Störungen, daher ist das "Mittel der Konstitution" oder des Mental-States bei diesen Patienten mit isolierten Organschwächen nicht mehr automatisch die beste Therapie. Hier benötigen wir manchmal eine „Krücke“, eine organspezifische Stütze, was wir in unserer Sprache ein „palliierendes Mittel“ bezeichnen. Dieser Zustand ist am ehesten vergleichbar mit fortgeschrittenen „einseitigen Krankheiten“ (§172 ff), bei denen sich die Lokalpathologie soweit von der Lebenskraft entfernt hat, dass wir mit dem optimalen Mittel für die Konstitution kaum mehr Effekt auf das lokalisierte Geschehen finden[7]. Natürlich versuche ich immer zuerst das Mittel für die Totalität [Kent] zu finden, muss aber dann immer wieder entsprechend §176 auf die Lokalsymptome hin verschreiben. Tatsächlich war ich schon oft erstaunt über die manchmal fantastischen Effekte eines banalen „Rademacherschen Organmittels“, welches ich in meiner Anfangszeit nach „bewährter Indikation“ öfter verabreicht habe. Hier kann noch vieles für die Lebensqualität getan werden.

Case ausgebrannte Leberzirrhose

Ein Beispiel für „Organmittel“ aus meiner Anfängerzeit: 65j Patient wird von mir als Notarzt in die Klinik eingewiesen: Präcoma hepatikum bei ausgebrannter ethylischer Leberzirrhose, Zustand nach 2 x Ösophagusvarizenblutung, es werden 18 Liter Aszites abpunktiert, Child C mit schlechter Prognose. Aus der Klinik kommend sucht er mich in meiner frisch eröffneten Ordi auf. Ich gebe damals Card-m., Lyc, Ver-o und Urtika als Tee, weiters Nux-v, Cholesterinum und Leptandra in niedrigen Potenzen, (weil er mir von fast bedrohlich cholerischem Habitus erschien), ausgehend von den Rubriken Leberzirrhose und Teerstuhl, sowie Selen und Antioxidantien. Zwei Jahre später sucht er mich erneut auf: die Zirrhose ist sonographisch nicht mehr nachweissbar, die Leberwerte normal, er „fühle sich gesund und bestens“, kann alle Arbeiten erledigen. Dieser Fall hat mich sehr beeindruckt und zum Nachdenken über „das Simillimum“, welches bis ins Karma hinein heilt, bei schweren Organpathologien angeregt.

Wenn man ein „bewährtes Mittel“ für einen Schwächezustand eines Organes findet, welches allen Modalitäten gut entspricht, kann man durchaus auch höhere Potenzen mit gutem Effekt geben, ich nehme dann die C30 oder eine C200. Bei Arzneimitteln, die gut der Totalität der Symptome angepasst worden sind, gebe ich durchaus eine XM. LM-Potenzen geb ich wegen ihrer schwierigeren Steuerbarkeit[8] bei alten Menschen zurückhaltender.

Case: der demente Guru

Dr. Ramakrishnan, Madras erzählt (in Graz 1997) von einem indischen Guru, der von vielen verehrt auf einer Bergspitze zubrachte um dort die zahlreichen Besucher zu segnen. Als er 70 Jahre alt wird, verfällt er geistig, erkennt niemanden mehr, verliert schliesslich sogar Harn und Stuhl. Dr. Ramakrishnan[9] gibt ihm Barium-muriatikum 200 [bewährte Indikaton] einmal pro Monat und der Guru kann noch weitere 20 Jahre segnen.

Case: der aktive 80 jährige

Herr D., 1922 hat es satt, dass er immer nur irgendwelche Spritzen wegen seinem Kreuzweh bekommen soll, die machen ihn nur krank. Er fühlt sich geschwächt, er kommt seinem Freund, der im selben Alter trotz 2 Hüftoperationen immer noch 100km täglich radelt nicht mehr nach, nach 70km wird er müde. Das ärgert ihn. Er führt exakte Aufzeichnungen über seinen Blutdruck. Vor 30 Jahren hatte er einen Herzinfarkt nach Stress mit seiner Chefin, einmal war er auch wegen Kreuzweh auf Kur, sonst immer gesund. Heuer im Frühjahr Kreislaufprobleme, hat vermehrt Extrasystolen. Sepia 200 [Konstitutionsmittel]. Rückmeldung nach 1 Monaten: geht sehr gut, hat auch alle Herzmedikamente abgesetzt.

Ein weiteres Monat später nach mehrstündigem Jäten im Garten wieder ausgeprägte Lumbalgie mit Ausstrahlung bis in die Waden. Er hatte das schon einmal, damals lange gedauert mit vielen Spritzen. Es waren bestimmten Modalitäten, die mich bewogen, eine Gabe Berb 200 [Lokal-Mittel] zu geben. Schon eine halbe Stunde später viel besser, 2 Tage danach und seither beschwerdefrei.

 

ad 1.2 der „gesunde“ Mensch verliert seinen geliebten Partner

Vermutlich wird das beim „gesunden“ Alten meistens gut überstanden, zu mir kommen ja nur jene Patienten, die im Rahmen dieser Krise symptomatisch werden. Depression und/oder Hypertonie sind häufige Folge. Ign. und Nat-mur., Kali-mur. [bei stämmigen, pflichtbewussten Bauernfrauen] oft wunderbare Mittel, der Blutdruck normalisiert sich meist nach der ersten Gabe. Die Familie ist dankbar, die weitere Behandlung bleibt ebenfalls oft „situativ“, meistens übers Telefon, d.h. mit Mitteln wie Staphisagria, Ignatia, Nat-mur oder „Scholten-Arzneien“, die immer rasch helfen – der Patient war ja immer gesund und es sind keine ordentlichen §153 oder objektiven Gemütssymptome da um eine gute „konstitutionelle Verschreibung“ zu machen.

 

ad 1.3 der „gesunde“ Mensch erleidet ein Alterskarzinom

das sind jene Fälle, deren Ursache ich nicht klar sehen kann, vielleicht Spätfolgen einer Arbeitsplatzbelastung oder genetischen Schwäche. Hier kommen oft auffallend viele Verwandte zur Anamnese mit. Ohne fortgeschrittene Metastasierung ist das Behandlungsergebnis gut.

Case Metastasiertes Melanom

mein Chirurgie-Ausbildungsassistent fragte mich, als ich noch in den praktischen Jahren in der Klinik war (wir haben 3 Jahre in Österreich), ob ich nicht für seine Mutter eine Behandlung „so was wie Selen und Mistel und so ...“ zusammenstellen könnte. Die 87 jährige Patientin litt an massivsten Atemnot-Attacken, vor allem in der Nacht. Nach einem Diagnosemarathon fand man schliesslich, dass die diffuse Totalverschattung der Lunge nicht die vermutete Miliar-Tuberkulose, sondern von eine diffusen Metastasierung der Lunge, ausgehend von einem kleinen akralen Melanom der Zehe, herrührte („Tapetenkrebs“). Sie hätte vielleicht noch einige Wochen zu leben. Ich habe weder vorher noch nachher ein Röntgenbild gesehen, wo die Lunge so gleichmässig totalverschattet war, dass man sie weder vom Herz noch überlagerten Knochenstrukturen abgrenzen konnte.

Die Mutter meines damaligen Chefs war gross und knochig, grauer Teint der Haut, weisse Haare, ungebeugt und kraftvoll, wie eine starke Bauersfrau, überaus humorvoll, intelligent, interessiert, sprach weise und zufrieden über ihre Söhne, über Tagespolitik, legte Patiencen, schaute TV. Sie war um 17h, den Zeitpunkt meines Besuches, nur wenig dyspnoisch, berichtete aber von massiver Atemnot in der Nacht, Schwerpunkt 1 Uhr, sie bekäme dann grosse Angst und musste für einige Stunden hin und her wandern. Stuhl kam nicht mehr freiwillig. Wir lachten viel zusammen.

Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich noch kein so differenziertes Konzept der Therapie von krebskranken Patienten, hielt mich an Eli Jones „eklektischen Ansatz“ und gab daher neben dem klar indiziertem Arsen (C30 2x1 Globulus pro Tag) noch Strych-sulph D4 vor jedem Essen, Lobelia- und Alfalfa-Tinktur, natürlich auch Selen, Mistel und Thymus D2 per Injektion. Das Ergebnis war beeindruckend. Bereits bei meinem Kontrollbesuch einige Tage später meinte sie, dass grosse Mengen Stuhl abgegangen wären, seither würde der Darm gut funktionieren und sie hätte Appetit. In der Nacht schliefe sie jetzt durch und es ginge ihr recht gut. Atemnot trat nicht mehr auf.

Ich konnte dem nichts hinzufügen, wir reduzierten auf Arsen D12, die „Spritzerei“ hat sie weiters verweigert und es ging ihr etwa 6 Monate lang recht gut mit dieser Therapie, ich besuchte sie immer seltener um dann schliesslich gar nicht mehr zu kommen. Dann wurde ich vom Sohn verständigt, ob ich die übriggebliebenen Ampullen abholen wollte. Der Mama wäre es bis zum Schluss recht gut gegangen, sie hätte bis 2 Tage vor ihrem Tod Patiencen gelegt und sich für Tagespolitik interessiert, erst in den letzten zwei Tagen Sauerstoff genommen und in der Nacht ihres Sterbens hätte er die einzige Ampulle Morphium gespritzt. Ihm schien das alles ganz selbstverständlich.

 

ad 2. der chronisch Kranke

Einleitung: die chronische Krankheiten in ihrer individuelle Entwicklung

Bei oder kurz nach der Geburt auftretende Störung sind „hereditär-miasmatisch[10]“ [Risch/Laborde]. Muttermale, Storchenbiss, einer kleinen Missbildung, Störungen der Verdauung oder eine frühzeitig auftretende erhöhten Infektanfälligkeit sind objektive Hinweise auf eine entsprechende Belastung. Schlafstörungen der Säuglinge haben – nach meiner Erfahrung – eher systemische Ursache[11].

In den ersten Lebensjahren tobt sich die ererbte miasmatische Störung[12] am häufigsten in Infektionskrankheiten aus, dann „wächst sich das langsam aus“. Dazu treten Probleme aus der Familiendynamik die sich schliesslich im Patienten als Delusions manifestieren. Ab dem 12-15 Lebensjahr tritt bis 35 ein „Latenzstadium“ ein[13], da sind die meisten Patienten beschwerdefrei[14] und kümmern sich ausschliesslich um ihre eigentliche biologische Bestimmung[15]. „Wenn die Kinder aus dem gröbsten heraussen sind“ meldet sich die chronische Störung wieder und begleitet jetzt episodenhaft, von mal zu mal stärker auftretend, das Individuum bis zum Tod. Wir haben es also bei den Problemen des alten Menschen um eine jahrzehntelange, u.U. bereits lebenslang vorhandene Störung zu tun. Die Schwierigkeit liegt nun in der Differenzierung der einzelnen Fäden, was ist „angeboren“, was ist Mental-State bzw. systemisch.

 

ad 2.1. chronische Krankheit hereditär miasmatischen Ursprungs

Hereditär miasmatische Belastungen können zu chronischen Krankheiten führen ohne notwendigerweise einen entsprechenden (gleichsinnigen) Mental State mitverursachen zu müssen (!!). Dies sieht man v.a. daran, dass sich die Symptome der chronischen Krankheit bei völlig unauffälligem oder widersprüchlichem Gemütszustand abspielen[16]. Verschreibungen die hier vor allem auf den Gemütszustand durchgeführt werden, wirken hier oft nur palliativ. Der folgenden  Fälle sollen das verdeutlichen.

Case: Akuter Besuch – Pyelonepritis – hereditäre Sykose

die Patientin eines bekannten Kollegen (er verschreibt ausschliesslich nach Mental State) kommt akut zu mir wegen ihrem 13j Sohn – ebenfalls seit Jahren bei meinem Kollegen wegen Minderbegabung in Behandlung (er wird seit Jahren mit div. Barium-Salzen behandelt). Ihr Sohn ist hier vor Ort mit massiver Pyelonephritis im Spital, spricht nicht auf die Antibiotika an. Ich erschrecke fast: ihre ganze linke (syk) Körperhälfte ist mit dunklen, bis zu pfenniggrossen Naevi (syk) übersäht, links parietal hat sie ein Nest von 3-5 Atheromen am Kopf. Die Atherome und Muttermale haben ihren Homöopathen noch nie interessiert, meint sie, sie werden successive mehr und sie ist verwundert, dass ich sie schon während der Begrüssung drauf anspreche und eine vermutlich hereditär- sykotische Belastung der Familie in den Raum stelle. Später treffe ich ihren Sohn, der seine akute Krise gut mit Arsen, dann Sulphur überstanden hat: er ist ebenfalls voller grosser Naevi (syk). Später übernehme ich ihre Tochter in Therapie, die wegen Aplasie nur eine Niere hat (syk) und an rez. HWI leidet. Deren Sohn wiederum kommt mit beiderseitiger Hydronephrose (syk) fortgeschrittenen Grades auf die Welt. Hier sieht man schön das chronische Miasma, wie es durch die Generationen wandert, überall seine Spuren hinterlässt.

Case: schwerste PAVK

Fr. D ist 1921 geboren. Mit sehr viel Mühe wird sie in meine Ordi gebracht, sie leidet unter schwerer peripherer arterieller Verschlusskrankheit (Schaufensterkrankheit), daher verlässt sie ihre Wohnung nur einige Male pro Jahr, denn sie kann kaum 5-10 Schritte gehen, wohnt aber im 5ten Stock eines Hauses ohne Lift, muss ins Auto getragen werden. Mental völlig unauffällig, sehr offen, freundlich und lieb. „Phosphor-Typ“. Als Hausfrau keine auffallenden Belastungen mit Giften in der Biographie, vermutlich genetische Schwäche des antioxidativen Systems.

Ich gebe ihr Aur-ars D12 täglich (Indikation siehe weiter unten). Nach einigen Monaten kann sie bereits 2 Stockwerke gehen, nach einem halben Jahr kann sie ohne Pause alle 5 Stockwerke gehen und ist mobil.

Case: „idiopatische“ universelle Aneurysmen

dieser Patient ist zwar erst 40 Jahre alt, aber ein Musterbeispiel für diesen Abschnitt. Glücklich verheiratet, beruflich integriert und zufrieden wird plötzlich der Fuß weiss. Aneurysma der Arteria Femoralis, als Nebenbefund ein weit ausladendes Aneurysma der Aorta abdominalis. Der Fuß wird amputiert und wegen Heilungsstörungen nach mehrmaligen Nachamputationen schliesslich in der Hüfte enukleirt. Er kommt jetzt wegen - selbst unter 600mg Morphium - unerträglicher Stumpfschmerzen. Mit Aconitum XM die Schmerzen in wenigen Stunden um 90 Prozent besser, nur mehr nächtlich. Die verbliebenen Symptome, v.a. das syphilitische Miasma weisen auf Nit-Ac bei einem diesbezüglich völlig unauffälligen Gemütszustand! Nach 1 ½  Jahr Nit-Ac in steigenden Q-Potenzen kommt es – bei gutem körperlichen und seelischem Allgemeinzustand zum Wechsel des aktiven Miasmas: die vormals nächtlichen Restschmerzen sind jetzt am Tag, Wechsel von Nit-Ac (syph) auf das durch die Symptome jetzt besser indizierte Sepia (sykot). Das Aorten-Aneurysma hat sich stabilisiert, der Chirurg hat dzt. von einer OP abgesehen. Seine Schwester wurde in diesem Zusammenhang untersucht und mittlerweile an dem dabei zufällig entdeckten Bauchaortenaneurysma operiert.

Klarer Fall eine tief hereditär-miasmatischen Störung – ohne entsprechendes Gemüts-Bild, Fall noch im Laufen, befriedigendes Ergebnis.

 

 

ad 2.2. chronische Krankheit als Folge eines klaren Mental States

Ursache ist – ausgenommen starke Schocks (World Trade Center ...) immer systemische Belastungen: diese führt im heranwachsenden Individuum zum „Lebensthema“, dem „Mental-State“, der „Delusion“. Derartige Störungen es Mental-States haben genau wie die infektiös-miasmatischen Störungen die Tendenz an die nächste Generation weitergegeben zu werden[17]. Hier benötigen wir zur erfolgreichen Behandlung vorallem einmal richtige Mittel für den Mental State, besonders beim alten Menschen, bei dem nichtbearbeitete States sich oft schön in entsprechenden körperlichen Pathologien manifestieren. Wenn man in diesen Fällen beim alten Menschen auf die zahlreichen körperlichen Symptome und vielfältigen Allgemeinsymptome verschreibt, wird man oft nur mässige Besserung erfahren. Trifft man aber den Mental State, gibt es eine schlagartige und anhaltende Besserung. In diese Gruppe von Patienten fallen wohl die meisten in den Zeitschriften publizierten Kasuistiken, die mit einem kleinen Mittel eine anhaltende „Wunderheilung“ beschreiben[18].

Die Störungen sind im mittleren Alter vorwiegend funktioneller Art, beim alten Menschen tropfen sie langsam in den Körper herunter und führen sehr wohl zu ganz tiefgreifenden Pathologien, die manchmal in typischer Weise ein bestimmtes Organsystem befallen (siehe Fußnote 6 ).

Case: chronisch rezidivierende Cholangitis

Fr. A, die 1919 geborene Patietin kenne ich noch aus meiner Krankenhaus-Zeit, dort lag sie wegen rezidivierender Cholangitiden mit septischen Fieberschüben (!) mit Unruhe, starkem Frost..... Sie war groß, stattlich, humorvoll, freundlich, intelligent, hilfreich, bemüht.

1998 sucht sie mich in meiner Ordination auf. Täglich um 15h Schüttelfrost, enormstes Kältegefühl. Bei Aufregung: Zittern, Übelkeit, Angst & Panikgefühle, alleine der Gedanke etwas zu unternehmen löst Herzschmerz aus. „Ärger über Vergangenheit“ – ein Stichwort genügt, löst den ganzen Zustand aus (sie sagte mir damals nicht worüber). Mit den Rubriken Dwells on past events, Frost 15h, Schüttelfrost, Periodische Krankheit gab ich ihr Staph LM6. Keine Rückmeldung. Nach einem Jahr kommt sie erneut: wegen mehrmals wöchentlicher Frostanfälle, Staph wohl nichts geholfen. Sehr penibel, wäscht täglich 5x die Küche auf. Bekommt aufgrund der Repertorisation der akuten Frostsymptome Arsen C30 was sich als gutes Palliativum erweist, damit kann sie die Frostanfälle coupieren, diese kommen aber weiterhin. Beim nächsten Besuch erzählt sie endlich ihren Groll: Ihr Nazi-Mann bekam nach Ende des II.WK Berufsverbot, sie verloren die Dienstwohnung, sie musste zu den Eltern heim, der Vater hat sie abgelehnt. Ärger auf die Vergangenheit, dass „anständige Nazis“ bestraft wurden, die heutigen Soldaten (Gulf War) aber Helden sind. Mit Anger; past events / Mortification / Consciencious und guten Allgemeinrubriken gab ich ihr voller Vertrauen Sepia mit etwa 50% Verbesserung, kaum mehr Frostattacken. Das Gesicht war inzwischen zu 70% (!!!) mit grossen Leberflecken (Naevi) bedeckt. Weitere Sepia-Gaben besserten nicht mehr. Eine erneute Überprüfung des Case ergab mit folgenden eliminierenden Rubriken: Mortification / Dwells / Chill, periodicity; hour same / Skin; discolor; brown; spots das Mittel Lyc. Nach der ersten Gabe Lyc XM war der Frost weg und die Leberflecken begannen sich zurückzubilden, Lyc XM wiederholt, dann die Lyc CM: Leberflecken alle verschwunden, ein Spinaliom am Ohr ist verschwunden, Kreislauf ist gut, ärgert sich aber immer noch über Kriegsbilder im TV.

Ganz deutlich sieht man an diesem Fall die Vorherrschaft des Gemütszustandes. Weiters lässt er die schwierigen Anamnesebedingungen mit einer 80 jährigen erahnen, es ist nicht leicht in der geplanten Zeit der schwadronierenden Oma brauchbare Symptome zu entlocken, das Thema ist weder prototypisch für Sepia noch für Lyc. Insgesamt gelingt es aber meistens, auf ein gutes Mittel zu kommen (alle Muttermale verschwunden ist deutlich genug).

 

maligne Hypertonie

Pensionierte Köchin eines (Frauen-) Klosters. Hypertone Krisen, die nahezu therapierefraktär sind, Blutdruckwerte bis zu 260/140, der Ruheblutdruck unter mehrfach-Medikation selten unter 180/120. Es hat verschiedene Vorfälle bei ihrer Pensionierung gegeben, die sie in einen tiefen Groll gegen die Kloster-Leitung eingenommen haben, wohl in der Übertragung eines Grolls auf die Schwiegermutter. Mit Ammonium-muriatikum XM [Scholten] innerhalb von 24 Stunden normale Blutdruckwerte. Am-mur noch einmal wiederholt. Seither keine Therapie mehr notwendig. Nachbeobachtungszeit 2 Jahre.

 

Derartig dramatische „Wunderheilungen“ habe ich nur in dieser Gruppe von Patienten erlebt.

 

ad 2.3. chronische Krankheit hereditär-miasmatischen Ursprungs mit Mental State

Die Mischform, die Mehrzahl der Patienten sind in dieser Gruppe. Hinsichtlich des therapeutischen Vorgehens kann ich noch immer kein „sattelfestes“ Konzept anbieten. Wenn ich in solchen Fällen der Gemütszustand klar erfassen kann aber das Mittel die Totalität nicht optimal abdeckt, verschreibe ich zuerst auf den Gemütszustand. Bei Besserung der subjektiven Befindlichkeit verbleiben meist immer genug chronische Symptome, die sich durch weitere Gaben des Mittels nicht optimal verbessern und oft eines oder mehrerer Antipsorika bedürfen, oft erst nach einer gewissen Latenz, nach der die Lebenskraft bemüht ist neue wahlanzeigende Symptome zu produzieren. Oft ist das Mittel einfach nicht deutlich, v.a. weil das wirklich charakteristische des Falles im Wust der Symptome unklar und manchmal erst in der Zusammenschau mehrerer Konsultationen zu finden ist[19]. Vermutlich fällt der Fall „Cholangitis“ von oben unter diese Rubrik.

 

Einschub: Konstitutionsmittel vs. verselbstständigte Lokal-Krankheit

Hier generalisiere ich jetzt die Erfahrungen mit Krebs-Patienten auf den alten Menschen: wenn das Mittel der Totalität mit dem Mittel für die fortgeschrittene einseitige Krankheit (§176) übereinstimmt (zB mit den Schmerz- und anderen Symptomen eines Karzinoms), bedeutet das, dass die Lokalpathologie in ihrer Dynamik noch nicht von der allgemeinen Lebenskraft abgekoppelt ist. Hier dürfen wir ausgezeichnete Ergebnisse mit der homöopathische Therapie erwarten (siehe der nächste Fall).

Wenn sich die fortgeschrittene Lokal-Pathologie soweit von der Lebenskraft „abspaltet“, dass sie deutlich Symptome eines anderen Mittels produziert[20], scheint dies einen Point-of-No-Return für eine homöopathische Heilung darzustellen. Gibt man diesem Patienten das Konstitutionsmittel, geht es ihm oft nur mehr gewisse Zeit besser und die lokalisierte Krankheit läuft trotzdem weiter, d.h. über allgemeine Stärkung der Lebenskraft erreicht man die fortgeschrittene Lokal-Pathologie nicht mehr. Gibt man das Mittel für die das Lokalübel, wirkt dieses bei der reduzierter Lebenskraft palliativ für einige Zeit, dann kommen Symptome eines anderen Mittels usw. und so begleitet man den Patienten der trotzdem insgesamt immer schwächer wird bis zum Tod –  von einem Mittel zum anderen im Bemühen, eine anständige Lebensqualität erhaltend. Das Problem ist bei diesen Fällen sicher v.a. der Faktor Zeit, die läuft davon.

Hier hilft schon einmal das Krankenhaus und restauriert den völlig dekompensierten Patienten manchmal wieder so weit, dass eine konstitutionell verordnete Homöopathie wieder wirksam werden kann. Wenn zB beim Krebspatienten der grösste Teil der Tumormasse durch schulmedizinische Massnahmen entfernt wurde, erreicht man durch das Konstitutionsmittel eine gute Wirkung: anhaltende Tumorfreiheit und gute Lebensqualität[21], ohne diese Massnahme würde die Zeit davonlaufen, bis man das Lokal-Übel mit Lokalarzneien in Griff hat. Fazit: manchmal kann eine schulmedizinische Therapie den Patienten gut über Krisensituationen hinweghelfen:

 

Case: schwerste Cardiomyopathie, Z.n. Reanimation – wichtiges Altersmittel AUR-ARS.

Noch bevor ich meine Praxis eröffnet hatte, wurde ich zu einem Patienten gebeten: ein 67 jähriger „Professor“ für alte Musik, er wäre in sehr schlechtem Zustand, könnte sein Zimmer nicht verlassen, sässe jetzt hier in Österreich an seinem Altensitz fest, dabei müsste er dringend nach München ins Herzzentrum zur Kontrolle.

Wegen eitrigen Zähnen litt er 14 Jahre lang an einer Cardiomyopathie und als er anlässlich seiner Pensionierung eine Messe dirigierte, erlitt er Kammerflimmern. Ein zufällig anwesender Arzt konnte ihn so lange reanimieren, dass er noch rechtzeitig in die Klinik kam. Dabei brach er ihm leider alle Rippen, der Patient erbrach und aspirierte. Nach geglückter Defibrillation lag der Patient für mehrere Wochen im Koma, die Aspirations-Pneumonie war kaum zu behandeln, da eine Salmonellen-Pneumonie.

Irgendwie überlebte er und war jetzt in bedauernswerten Zustand, kaum fähig auf die Toilette zu gehen, mit Mühe und Hilfe würde er alle paar Tage einmal vor das Haus gehen, Knöchelödeme, Orthopnoe, Blutdruck: schlecht messbar wegen seines chronischen Vorhofflimmerns, sehr große Puls-Amplitude. Viele Medikamente, davon 2 Antidepressiva.

Er war sehr ärgerlich, pedantisch, kleinmütig, als alter Professor mir jungem Arzt gegenüber viel zu ehrfürchtig. Von seinen Bekannten erfuhr ich noch: bei gemeinsamen Wanderungen früher pflegte er sich gerne - nachdem alle nach einer Rast aufbrechen wollten - ein Bier zu bestellen und dieses langsam und ohne Hast zu einer frischgestopften Pfeife zu trinken, während seine Begleiter vor dem Rasthaus warten mussten. Was musste das nur für ein Mensch sein?

Homöopathisch war ich damals sicher mit diesem Fall völlig überfordert, aber ich wusste einen scharfen Pfeil in meinem Köcher, denn einige Wochen vorher hatte ich bei einem Seminar von Dr. Ramakrishnan (Madras) über Aurum-arsenikosum als „Spezifikum“ für Herzkrankheiten erfahren. Ramakrishnan verwendet dieses Mittel routinemässig bei Koronarinsuffizienz und schwerer atheriosklerotischer Herzkrankheit. Er präsentierte uns mehrere Fälle, die jeweils vor und nach Gabe von Aurum-arsenikosum koronarangiographiert wurden. Typischer Befund war eine Verbesserung des Stenosegrades um 20-30%, je stenotischer das Koronar-Gefäss war, umso deutlicher. Dieses Mittel wollte ich meinem Patienten geben. Er bekam die LM3, 1 Tropfen pro Tag, gleichzeitig dirigierte ich seine Defibrillator-Kontrolle zum Krankenhaus Wels, da er ja hier in Österreich verblieb, machte es keinen Sinn die Kontrollen weiter in München vornehmen zu lassen.

Nach 6 Wochen rief er um einen neuen Termin, ich stand mit der Hilti® im Schutt - unser neues Haus umbauend - und bat ihn in einer Woche wieder anzurufen. Natürlich war er beleidigt und ich erfuhr dann ein Monat später, dass er in die Türkei auf Urlaub geflogen wäre.

Etwa ein halbes Jahr später erschien er in meine frischeröffneten Ordination. Er litt an den Nachwirkungen einer Antibiotika-behandelten Bronchitis, der Besuch der Kinder in Deutschland hätte ihn so angestrengt, dass er sich erkältet hätte, er fühlte sich schwach, musste immer noch husten. Sonst ginge es ihm ja gut seit man ihn in Wels auf ein neues Antidepressivum (Fluoxetin) umgestellt hätte, „diese Tablette hätte ihn gerettet“. Kein Wort über meine 3 stündige Anamnese bei ihm zuhause, das Mittel .... ..Ausser der Umstellung des Antidepressivums hatte er keine neuen Medikamente in Wels bekommen.

Beim Blutdruckmessen war ich dann fast wie erschlagen: ein schöner, runder Sinus-Rhythmus!!!!!!! Nach 14 Jahren Cardiomyopathie mit dokumentiertem Vorhofflimmern, Kammerflimmern, mehrmals Defibrillieren, wochenlange Beatmung ....., das ist ein Ding der Unmöglichkeit! Natürlich bekam er erneut ein Fläschchen Aurum-arsenikosum LM6. Nach einem Monat rief er an, es ginge ihm gut - und natürlich - „der Husten ist von selber vergangen“.

Wir hatten dann keinen Kontakt mehr und etwa eineinhalb Jahre später erfuhr ich, dass er gestorben ist, die Umstände kenne ich nicht. Was so unendlich eindrucksvoll an dieser Kasuistik war, ist einfach diese für einen Eingeweihten unvorstellbare Wiedereinstellung des Sinusrhytmus. Wir lernen ja, dass nach etwa 6 Wochen Vorhofflimmern ein irreversible Rekonfiguration des Myokards eintritt und Sinus nicht mehr möglich wird.

Rückblickend meine ich – gerade auch durch seine Verhalten nach meinem ersten Besuch - dass Aur-ars. für diesen Patienten nicht nur eine bewährte Indikation, sondern tatsächlich das Simillimum war. Nur so kann ich mir diese „Wunder-Wirkung“ erklären, einen völlig ausgebrannten Organismus in wenigen Wochen wieder soweit herzustellen, dass er zB. den Stress und den Klimawechsel einer Türkei-Reise wünscht und erträgt, dass sich der Sinus wiedereingestellt hat.

Hinweis: lesen Sie doch mal die Gemütssymptome dieses Mittels, zB im Ziegel [Retzek] nach.

 

Allgemeine Verhaltensregeln im Umgang mit alten Patienten

Man muss mit alten Menschen sehr deutlich. langsam, übermässig pronouciert und vereinfacht sprechen. Je älter, desto einfacher. Sie werden Sie dafür lieben und sie mit unendlichem Vertrauen belohnen. Anamnesen sind oft schwierig, der Patient kann sich an sehr vieles nicht mehr erinnern, verklärt oder verdrängt, meint die Fragen sind irrelevant. Sein Leid ist Teil seines täglichen Lebens und daher normal, manchmal gewünscht, Besserungen werden oft ignoriert, aber ihre Zuwendung als Behandler ist etwas ganz besonderes.

Ich habe keine gute Erfahrung damit, Patienten irgendetwas auszureden. Oft war ich aber erstaunt, wie rasch Patienten aus freien Stücken, ohne dass ich es empfohlen oder gewünscht habe, Medikamente absetzten. Wenn das Mittel passte! Alte Patienten wollen primär und hauptsächlich Sicherheit. Und allopathische Medikamente bieten ihnen zumindestens eine gewisse Sicherheit. Wenn Sie ihnen diese wegnehmen, müssen Sie ihnen die Sicherheit anderwaitig geben!!

Die meisten Medikamente dürfen nur langsam ausgeschlichen werden, ¼ der Dosierung pro Monat als Vorgabe gibt dem Patienten genügend Freiheit bei einem gut passenden Mittel in 1 Woche auszuschleichen. Vorsicht bei Hormonen: langjährige SD-Hormone oder sonstige hormonaktive Substanzen (zB Cortison) über längere Zeit gegeben benötigen lange Anpassungszeit beim Ausschleichen. Selbiges gilt für Antidepressiva.

Der Hausarzt ist der beste Freund des alten Menschen. Der Alte sieht den Hausarzt sehr oft, öfters als die eigenen Kinder. Es ist oft sehr mühselig, den immobilen Alten – durch mehrere Kinder – zu mir in die Praxis bringen zu lassen, der Hausarzt besucht ihn aber wöchentlich, bei guten Kassen auch gerne öfters.

Daher NIE, NIE, NIE, NIE gegen den Hausarzt oder dessen Therapien anreden. Der Alte ist sowieso voller Ängste, dass er sich durch den Besuch bei ihnen den Groll seines wichtigsten Freundes und Lebenspartners Hausarzt zuzieht.

Manche Patienten sind nicht gut diagnostiziert / therapiert und ich lasse gern alles sauber untersuchen[22], schicke besonders zu homöopathie-kritischen Fachärzten zur Untersuchung, was zur Folge hatte, dass mittlerweile mein einzige „Gegner“ vor Ort ein Bioresonanz-Homöopath ist. Selbst in Arztbriefen aus dem Krankenhaus steht manchmal „bei subjektiv gutem Befinden Fortführung der homöopathischen Therapie“. Das Klima in Österreich ist recht liberal und unsere überforderten Hausärzte sind meistens froh, wenn es ihren Patienten besser geht.

Bei alten Menschen in ihrem metastabilen Zustand empfehlen sich keine Experimente, die Homöopathie wirkt trotz Medikamente, zuerst muss ein eindeutiger Hinweis sein, dass es dem alten Patienten besser geht, bevor ich ihm rate, seine Medikamente auszuschleichen. Beta-Blocker stell ich allerdings auf ACE-Hemmer um, Cortison stört nicht unbedingt. Wenn eine Therapie nicht lief, hatte ich aber bisher immer das falsche Mittel getroffen.

Mit schulmedizinisch langjährig vorbehandelter PCP hatte ich bisher weniger Erfolg, allerdings auch wenige Patienten.

Nach meiner Erfahrung passt das Mittel meistens nicht, wenn der Patient nicht von sich aus bemüht ist, seine schulmedizinische („Begleit“-) Therapie loszuwerden. Ausnahme: Arsen und Arsen-Verbindungen, ev. Calcium. Hier bewahrt eine intensivere Plazeboisierung mit komplexeren Einnahmerhythmen („Mittwoch 2 Globuli Nr 1 am Abend, Freitag 5 Globuli Nr 2 zu Mittag 10 Minuten nach dem Essen in einen ausgespülten Mund ohne Wasser“) – die man immer genau und gut leserlich aufschreiben muss – den Patienten davor, noch 2 oder 3 andere Behandler - ohne Ihr Wissen - aufsuchen zu müssen. Dazu ein Fall

Case diffuse Metastasenleber bei Coecum-Carcinom

Ein 76j Patient – ehemaliger Schmid - mit diffuser Lebermetastasierung nach Coekumcarcinom, mehrfach voroperiert, kam von der "palliativen" Chemo in desaströsem Zustand, weiters komplexe und schier unerträglichen Schmerzen im Coekalbereich. Vor 20 Jahren ist seine Tochter gestorben. Dies schien ihn aber weniger zu belasten als ein Autounfall vor 3 Jahren. Er war immer noch voll des Grolls über den Gegner. Er schien nicht übermässig ängstlich, sprach aber mehrmals, er wolle noch etwas leben. Starkes Fettverlangen, liebt gutes essen, will geniessen. Wirkt trotz des Zustandes vital. Im Krankenhaus immer starker Gewichtsverlust, weil ihm Essen nicht schmeckt, zuhause die deftige Hausmannskost tat ihm gut und er konnte rasch wieder zunehmen.

Ich gab initial Nux-v., dann voller Mut Acidum-nitrikum. Es ging besser, aber die massiven und komplexen Schmerzen in der Ileocoecalregion verblieben. Er musste regelmässig zur „palliativen Chemo“ (bei diffuser Metastasenleber !!??), kam immer mit 5kg Gewichtsverlust und Komplikationen nach Hause, die wir wieder mit Nux, Phos. oder anderen abfingen. Aber es änderte sich nichts grundlegend. Bis er eines Tages mit einer massiven Lingua Nigra daherkam. Endlich fand ich Arsen.

Er war noch am selben Tag mit der C30 für viele Wochen völlig schmerzfrei, es ging ihm gut. Aufgrund des jetzt so guten Allgemeinbefundes wurde eine stärkere Chemo durchgeführt, Rückfall, erneut Schmerzen. Kein Ansprechen mehr auf Arsen 30 und 200, verschiedene andere Mittel versucht, ohne durchgreifenden Effekt. So vergingen wieder viele Monate „Schaukeltherapie“: Spital -> Verschlechterung -> Homöopathie -> Verbesserung. Ich konnte ihn nicht überzeugen, der (hier völlig sinnlosen) Chemo den Rücken zu kehren.

Dann verstand ich endlich das Ausmass der verschleierten Todesangst: Arsen XM bei diffuser Metastasenleber war eine Verzweiflungstat die mit sofortiger Schmerzfreiheit belohnt wurde. Ein Monat später ging er beschwerdefrei und mit guter Gewichtszunahme zur nächsten „Kontrolle“ ins Spital und verstarb an den Komplikationen einer explorativen Operation. Im Obduktionsbefund: diffuse Metastasenleber, weiters vom Coekum ausgehend retroperitoneale breitflächige Metastasierung bis rauf zur Leber. Ich durfte diesen Patienten 14 Monate begleiten, er war während der ganzen Zeit in besserem Zustand als vor Aufnahme der Homöopathie.

Hier begriff ich: Arsen braucht, selbst bei Beschwerdefreiheit, ein ganzes Krankenhaus um sich halbwegs sicher zu fühlen. Dieser Fall würde auch gut zur obigen Rubrik Konstitutionsmittel vs. verselbstständigte Lokalpathologie passen.

 

Eine schulmedizinische Therapie, die der Patient instinktiv sucht, ist entweder notwendig, Ausdruck einer suboptimalen Homöopathie oder der Patient benötigt Arsen (oder Calcium).

Meine Erfahrung: eine dem Patienten wirklich dienliche Schulmedizin hat keine Nebenwirkungen. Jedes Medikament, welches Nebenwirkungen produziert ist überflüssig[23].

 

Insgesamt ist die homöopathische Therapie alter Menschen sehr befriedigend, die Ergebnisse – wie aus den Kasuistiken sichtbar wird – oft sehr beeindruckend. Die größte Schwierigkeit bei dieser Patientengruppe sehe ich vorallem in der „Führung“ des Falles sowie in der Notwendigkeit sich v.a. bei der Anamnese in großer Geduld zu üben. Ich muss wirklich sagen, ich habe meine „Alten“ sehr gern und freue mich auf jeden Besuch.

 

Literatur

  • Gienow, die Psora

  • Hahnemann, Chronische Krankheiten, Band 1

  • Hellinger, Ordnung der Liebe

  • Plattner, Klassische Homöopathie – Erkennen und verantwortlich handeln

  • Retzek, Complete Materia Medica Mind

  • Risch, Laborde hereditären chronischen Krankheiten, Müller Verlag

  • Sankaran, The Spirit of Homeopathy

  • Scholten, Homeopathy & Minerals

  • Spinedi, Die Krebsbehandlung in der Homöopathie I & II

 

Autor

Dr.med. Helmut B. Retzek lernte Biochemie an einer HTL, war Jazz-Musiker, studierte in Wien Medizin. Von Beginn des Studiums Mitarbeit in der univ. biochem. Grundlagenforschung, 1 Jahr als Molekularbiologe an einer Universität in Kanada (Publikationen in internationalen Journals).

"Zufälliger“ Besuch 1992 eines Seminars von Rajan Sankaran bewirkte eine drastische Kehrtwendung der Lebensplanung: intensives Homöopathie-Studium, Publikationen in Zeitschriften, 1995 Veröffentlichung der Complete Materia Medica Mind (moderner Agrawal). Entwicklung eines Praxis-Dokumentations- und Verwaltungssystems. Viel "Ruhe" und Verständnis der Mechanismen brachte die seit 1998 forcierte Ausbildung bei Dr. Spinedi. Seit 1997 rein homöopathisch ausgerichteten Ordination in Vöcklabruck, Österreich.

Kontakt: TopOfPage   EMail an HeliORetzek      Homepage von Heli O Retzek.

 



[1] ich entschuldige mich gleich für die umfangreiche Verwendung der Fußnoten. Dies um 1) Platz zu sparen, 2) den "Haupttext" durch mir notwendig erscheinende Zusatzerläuterungen nicht zu fragmentieren 3) Begriffsbestimmungen mitliefern zu können. Leider ist dadurch der Text sehr dicht geworden.

[2] das Similegesetz ist unser aller Grundlage. Nichtsdestotrotz gibt es Differenzen in der Vorgehensweise die Arznei, die wir für den Patienten am meisten dienlich erachten, auszuwählen. Oft sehen wir erst nach Jahren in der Zusammenschau, ob ein Mittel bzw. eine Vorgehensweise tatsächlich den gewünschten Effekt (tiefgreifende Heilung auf allen Ebenen nach der Heringschen Regel) erbracht hat. Nur hierfür dienen alle „Methoden“ der Arzneimittelfindung, alle Gruppierungen, alle „Reiche“, Elemente, Themen ...., nur um: schnelle, sanfte, dauerhafte Wiederherstellung der Gesundheit, oder Hebung und Vernichtung der Krankheit in ihrem ganzen Umfange auf dem kürzesten, zuverlässigsten, unnachtheiligsten Wege, nach deutlich einzusehenden Gründen zu bewerkstelligen (§1).

Hierzu bedient man sich üblicherweise einer gewissen standardisierten Hierarchisierung. Unabhängig von der „Schule“ gilt: höchstwertig sind die §153 Symptome (das Charakteristischste der Störung), diese werden zur Vorauswahl der Arzneien verwendet. Die sich dabei ergebenden Mittel werden mittels §211 – „gut beobachtbare und objektive Geistes-Gemüts-Symptome“ (diese sind die beste Annäherung an den meist kompensatorisch verschleierten Geistes-Gemüts-Zustand) differenziert. Das dabei aufgefundene Mittel soll deutliche, v.a. langjährige Allgemeinsymptome ebenfalls gut decken. Probleme ergeben sich in der Vorauswahl der §153 Symptome: was ist denn in jedem Fall das auffallendste, eigenheitlichste, charakteristischste? In einem Fall mögen es eher die Warzen, im anderen Fall eine bestimmte Farbe der Laesion, der dritte Fall mag unter Ignorierung starker körperlicher Symptome vor allem über den Gemütszustand unter Ignorierung der Warzen zu lösen sein. Gemeinsam ist wohl den meisten Homöopathen, dass sie bei der Auswahl dieser §153 Rubriken zuerst nachsehen, ob das gewünschte Mittel auch drinnen steht.

[3] Ich bitte den Leser jeweils die Sätze um die einleitenden Worte „ich finde“, „nach meiner Meinung“, „aus meiner bisherigen Erfahrung“ ... zu ergänzen, die ich um des Leseflusses und Platzes willen im nachfolgenden Text ausgelassen habe. Tatsächlich handelt es sich hier um persönliche Beobachtungen und dem Versuch daraus „Regeln“ abzuleiten, die durchaus nur relativen Charakter haben, ausschliesslich dem Zweck eines besseren Verständnisses der Dynamik von Störungen und Lebenskraft dienen sollen und hier als Diskussionsgrundlage vorgestellt werden. Die Realität ist chaotisch und komplex und die hier so "apodiktische" Einteilung ist natürlich nur als Versuch zu werten eine Übersicht aus Fällen abzuleiten - im ständigen Bemühen die Effizienz der Praxis zu steigern.

[4] die Fälle können aus Platzgründen und der Übersichtlichkeit halber nur sehr rudimentär präsentiert werden und dienen der Verdeutlichung des theoretischen Überbaues. Sicherlich wird jeder in seiner Ordination "zig" ähnliche Fälle vorweisen können und die präsentierte Gliederung anhand eigener Erfahrung analysieren, erweitern oder verwerfen können.

[5] Konstitutionsmittel: dieser gut eingeführte aber nirgends scharf definierte Begriff beschreibt in der Praxis ein Mittel, welches nach der in Fussnote 5 angegebenen Kriterien gewählt wurde und welches die Lebenskraft auf allgemeiner – nicht organspezifischer - Ebene stärkt. Dieses Mittel wird meist mehrmals in steigender Potenz nach der Kentschen Skala verordnet (200-200-M-M-XM-XM-CM-CM-200 ..) und jedesmal voll auswirken gelassen (> 5 Wochen, die CM > 3 Monate lang). Jedenfalls –  dies ist immer der Prüf- und Nagelpunkt eines  Homöopathischen Mittels – muss das „Konstitutionsmittel“ die §153 Symptome zum Verschwinden bringt sowie Brüche im Mental-State in heilender Absicht zum Vorschein bringt bzw. diese kittet. Diesen Begriff in der Theorie zu beschreiben mag wohl eher Thema eines eigenen Artikels sein.

[6] rückblickend hab ich der Organsprache des alten Menschen zuwenig Aufmerksamkeit beigemessen, bin im Beginn meiner Praxis zu stark von den Mentals ausgegangen und habe dann oft einige Zeit nach einem guten Mittel suchen müssen und dabei Zeit vergeudet.

[7]  zB bei einem Carcinom ab einem bestimmten Stadium: das Mittel der Totalität tut dem Patienten gut, aber der Krebs wächst unbeeinflusst weiter

[8] zB: Frühverschlechterung, Versäumen von Symptomen, die auf ein besseres Mittel hinweisen durch mangelnde Beobachtung, vorallem die Spätverschlechterung bei fortgesetzter Gabe. Q-Potenzen eignen sich weniger für die „Routine“-Ordination. Die Erfahrungen der Gruppe um Dr. Spinedi in der Krebsklinik St. Croce mit den Schwerstkranken sind hier sehr erhellend.

[9] Dr. Ramakrishnan hat als einer der führenden Homöopathen Indiens in supervidierender Position mit vielen schwersterkrankten Patienten zu tun (zB. > 5000 Krebsfälle, > 3000 Diabetiker). Bei Schwerstkranken mit einseitigen Krankheiten gibt er sowohl das „Konstitutionsmittel“ (zB ein einer C200 einmal pro Woche) als auch simultan ein „Lokalmittel“ zB in der C30 oder D12. Er reklamiert sehr gute Erfolge bei Krebserkrankten. Das letzte Wort in der Vorgehensweise und Dosologie bei fortgeschrittenen einseitigen Krankheiten ist noch nicht geschrieben.

[10] Dies sind tief im körperlichen Bereich verankerte Störungen die vermutlich über paragenetische Mechanismen, wie zB über die DNS-Methylierung, weitergegeben werden. Jeweils mindestens eines der Elternteile ist entsprechend belastet. Sind beide Elternteile schwer miasmatisch belastet, kann es bei einer gleichsinnigen Belastung (zB tuberkulinisch – tuberkulinisch) zu schweren Missbildungen (Trisomie, „Syndrome“) oder frühzeitig auftretenden Krankheits- oder Operations-Komplikationen kommen, die oft eine „Behinderung“ zurücklassen. Nahezu alle behinderten Kinder in meiner Ordination kommen aus einer Tub-Tub Belastung. Bei ungleichartigen Belastungen durch die Eltern (zB sykotisch – syphilinisch) kann die Genetik meistens ausbalanziert werden und das Kind ist zwar anfällig, aber nicht missgebildet oder schwer reduziert. Hier zeigt sich klar der (para-) genetische Hintergrund einer miasmatischen Störung  - siehe die nächste Fußnote.

[11] „Systemisch“ im Sinne Hellingers: eine auf mehr als eine Generation erweitertes Verständnis krankheitsfördernder Einflüsse durch dramatische Lebensschicksale von Vorfahren, Vorgängern, Ausgeschlossenen ....., siehe [Hellinger].

[12] MIASMATISCH bedeutet ein gestörtes Reaktionsverhalten der Lebenskraft auf Stör-Einflüsse [Gienow]. Ich unterscheide die primäre (à 1.1) infektions-induzierte Störung [Hahnemann], die hereditäre (à 1.2) (=sekundär infektions-induzierte) Störung [Risch/Laborde] sowie (à 2.1) die Störung des Mental States (Delusion) [Sankaran] bzw dessen sekundär-hereditäre Form, die (à 2.2) systemische Störung [Hellinger]. Schliesslich könnte man noch echte Genschäden  (3) im klassischen Sinn dazuzählen:

à 1.1: Miasma als primäre infektionsinduzierte chronische Störung: dies ist die Folge einer Infektion mit einem Keim, der nicht durch das Immunsystem bewältigbar ist, zB „säurefeste Stäbchen“ (TB), fakultativ oder obligate Intrazellularier (Chlamydien, Mycoplasmen, Endobionten?, Viren .....) oder jene Keime (Syph, Borrellien, Pilze ...) die sich anderer Schutzmechanismen bedienen, um dem Immunsystem zu entkommen. Wenn nun das Immunsystem durch seinen Versuch den Fremdkörper zu eliminieren hohen Schaden – im Sinn von „friendly fire“ - anrichtet (zB Kaverne in der Lunge als Resultat des Kampfes gegen den langsam wachsenden „harmlosen“ aber gut gepanzerten Schmarotzer TB), muss die Lebenskraft um des Überlebens willens ihre eigene, schädliche (Hyper-) Aktivität bremsen: es werden die dynamischen Reaktions-Muster verändert (man arrangiert sich mit dem Keim durch Down-Regulation des spezifischen Immunsystem-Teiles) à eine miasmatische Störung ist entstanden. Die Schwächung der einzelnen Substrukturen des Immunsystems wird vermutlich über DNS-Methylierung weiter vererbt, der Nachkomme hat dann ( à 1.2) eine hereditäre Immunschwäche auf derselben Ebene

à 1.2. Miasma als sekundäre infektionsinduzierte (aber sterile) chronische Störung: der Nachkomme von Punkt 1 hat eine ererbte Veränderung der dynamischen Reaktion auf Noxen und neigt zu entsprechenden Erkrankungen. Papa hatte eine TB, in seiner Lunge hat sein Immunsystem gewütet um die säurefesten (harmlosen) Stäbchen wegzubekommen. Papa konnte nur deswegen überleben, weil seine Lebenskraft die Abwehr gegen die TB-Bazillen runtergefahren hat. Der Bub kommt jetzt mit der ererbten Abwehrschwäche gegen den Leitkeim TB zur Welt. Drum hat er ständig Infekte: Bronchitis, Otitis, Anginen, ....  (siehe FN 10 ) Diese hereditär-miasmatisch belasteten Nachkommen KÖNNEN, ABER MÜSSEN NICHT zwangsläufig einen entsprechenden Mental State haben, das Mittel der tiefen Belastung kann im Rahmen der Therapie – oft mittels interkurrenter akuter Krisen – zum Vorschein kommen und initial durch einen ganz anders gelagerten Mental State maskiert sein. Daher kann eine Therapie v.a. des Mental States die tiefsitzende miasmatische Störung unberührt lassen (siehe die Biographie von Patel in [Risch/Laborde], S. 295ff). Eine umfassende Familienanamnese ist zur Beurteilung derartiger Belastungen unverzichtbar.

à 2. schwere Störungen des Mental States – entweder systemisch eingebracht oder durch Schocks („World-Trade-Center“ Trauma in NY) führen ebenfalls zu einer Veränderung des Reaktionsmusters, was sich über Jahre schliesslich in einer körperlichen Erkrankung manifestiert. Hier muss das Homöopathische Mittel primär und unbedingt den Mental State „heilen“.

à 3. Genschwächen – zB LDL-Rezeptor-Gen-Defekt mit massivster Hypercholesterinämie, Atheriosklerose ....., deren Ursache sind nachweisbare Single-Gen-Defekte, über saubere Therapie der vorhandenen Symptome lassen sich kompensatorische Regelkreise aktivieren und die Störung wesentlich verbessern. Praktisch immer unabhängig vom Mental State.

[13] plus/minus 10 Jahre. Je besser die Lebenshaltung, desto später – je stärker die Störung, desto früher.

[14] hier habe ich folgende interessante Beobachtung gemacht: Muriatikum-Patienten haben überzufällig gehäuft irgendeine Krise (Unfall, komplizierte Krankheit, „Schub“) im 17 LJ (Chlor hat Ordnungszahl 17 im Periodensystem), Phosphorikum-Patienten im 15 LJ, Natrium im 11-12 LJ, Magnesium im 12-14 Lebensjahr, Carbonikum um das 6te Lebensjahr. Hier scheint das Periodensystem tatsächlich reinzuspielen.

[15] Thema des Films: „das merkwürdigeVerhalten geschlechtsreifer Erwachsener in der Grossstadt“, oder der neuen Serie „Sex in the City“. Selbst schwerst miasmatisch oder systemisch belastete Menschen verhelfen ihren Genen zum Weiterleben, danach kümmern sie sich wieder vordringlich um ihre Störung.

[16] unter einer guten antimiasmatischen Therapie werden die Muttermale heller, kleiner und schliesslich weniger (ausgenommen die roten Haemangiömchen), Atherome entzünden und entleeren sich, heilen schliesslich ab.

[17] sehr häufig das erste gleichgeschlechtliche Kind, das braucht überzufällig häufig das Mittel des entsprechenden Elternteils.

[18] Fälle, die dem Anfänger den Kopf verdrehen und ihn unvorbereitet lassen für die oft mühselige Alltagspraxis, wie sie so eindrücklich in [Plattner] Buch beschrieben wird. Leider erlebt man derartige Wunderfälle zu selten, Gott sei Dank aber oft genug.

[19] hier haben sich schon mehrmals folgende Beobachtungen bewährt: Sepia gedanklich in jenen Rubriken ergänzen, in denen Nat-mur steht (Künzli/Spinedi), sowie Lyc in jenen Rubriken, wo Alum. steht (Retzek).

[20] also zB der Lycopodium Patient mit seinem fortgeschrittenen Prostata-Carcinom, der deutliche Conium oder Carbo-animalis Symptome durch seine Knochenmetastasen bekommen (Schmerzen, Lähmungen .....)

[21] mit folgenden paar Mitteln werden die meisten Patienten in der Krebsklinik St. Croce, Orselina (Dr. Spinedi) mit gutem Erfolg behandelt: con., ars., sil., carb-an., phos., sep., lach., lyc., calc-c., thuj., sulph., bell (Seminar Locarno 9/2001)

[22] Nur einmal bestand ich – bei einer VIP-Patientin mit menstrueller Migräne seit 25 Jahren, in ständiger Kontrolle beim Neurologen – nicht auf Vorlage eines Schädel-CTs. Eine Dosis Nat-mur. XM brachte die Migräne für 6 Monate zum Verschwinden, die nächste Dosis nur für 2 Monate, den zeitweilig auftretenden Schwindel interpretierte ich als Symptom der erneut ausbrechenden Psora (Hahnemann, Symptomenauflistung der latenten und ausbrechenden Psora in Chronische Krankheiten, Band 1: Nahezu jede chronische Störung zeigt sich durch Episoden von Schwindel. Wenn der Schwindel beginnt werde ich sehr wachsam, es gibt zB. kaum einen Carcinom Fall ohne Schwindelepisoden in der Anamnese Jahre vor der Diagnose). Plötzlich kam sie zur Operationsvorbereitung, ein 4cm durchmessendes Astrozytom hinterlies schliesslich postoperativ eine Fazialisparese. Als ich mich dann bei der Patientin für meine diagnostische Nachlässigkeit entschuldigt habe, meinte sie „aber sie haben mir doch das CT mehrmals angeraten, auch mein Neurologe. Ich habe das aus eigener Entscheidung so lange nicht durchgeführt“.

[23] Verständlich, es produziert dann eine Arzneimittelprüfung was immer ein Zeichen für Übersättigung der Lebenskraft mit der Information darstellt. Wenn das Medikament nicht ganz abgesetzt werden kann, dann die Dosis reduzieren (Vorsicht Heilpraktiker, bitte einen Arzt „aufbauen“, der mitspielt und das auf die eigene Kappe nimmt)

 


 

publizert als: Ammonium Carbonikum; HiÖ; 6/1; März 95; 11

 

Ammonium Carbonicum

H. Retzek

Bei einem Streifzug durch kleine Schriften des P.Sankarans stieß ich auf eine lebendige und überzeugende Beschreibung von Ammonium-carbonicum. Da dieses Mittel in aktuellen Publikationen kaum erwähnt wird, überraschte mich das große, vielseitige und komplexe Bild, das sich bei Literatur-Recherchen ergab. Gleichzeitig konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß nur wenige Autoren wirkliche Erfahrung mit diesem Mittel gemacht hatten. Die Plus-Minus Darstellung wichtiger Geist-Gemüts-Rubriken zeigt jedoch ein sehr eindrucksvolles und charakteristisches Bild dieses “großen” und “tiefwirkenden konstitutionellen Mittels” (Kent).

Chemismus

Die Ammonimsalze ähneln in ihrer Löslichkeit und auch in ihrern Strukturen den entsprechenden Kalium und Rubidiumsalzen, da die drei Ionen K+, NH4+ und Rb+ vergleichbare Hydrationsenergien und Radien besitzen. Diese Ähnlichkeit zeigt sich auch im Arzneimittelbild. Ammoniumcarbonat (NH4)2CO3 wird technisch durch Einleiten von Kohlendioxid in Ammoniakwasser

2NH3 + CO2 + H2O –>  (NH4)2CO3

oder durch Erhitzen eines Gemisches von Ammoniumsulfat und Calciumcarbonat (Kreide, Kalk) gebildet:

(NH4)2SO4 + CaCO3 -> (NH4)2CO3  + CaSO4 (Gips)

Das beim letzten Verfahren absublimierte Salz [1] enthält außer dem normalen Ammoniumcarbonat noch Ammoniumhydrogencarbonat und Ammoniumcarbaminat (eine Vorstufe des Harnstoffes). Das im Handel erhältliche “Hirschhornsalz” (Riechsalz) besteht zur Hauptsache aus Ammoniumhydrogencarbonat und Ammoniumcarbaminat.

Beim Liegen an der Luft geht das Ammoniumcarbonat unter Abspaltung von Ammoniak in Ammoniumhydrogencarbonat über (NH4HCO3); bei etwa 60° zerfällt dieses unter weiterer Ammoniakabspaltung in Kohlendioxid und Wasser.

 

Dieser kurze Exkurs in die Anorganische Chemie weist auf die relativ komplexe und von Alter, Luftfeuchtigkeit und Temperatur abhängende Zusammensetzung des Ausgangsstoffes unseres potenzierten Ammonium carbonicum, dem Riechsalz hin.

Es sei in diesem Zusammenhang noch angeführt, das Ammonium (NH4+) als wichtigstes Gegenion bei der renalen Ausscheidung überschüssiger Säuren, das Bicarbonat (HCO3-) als wichtigstes Puffersystem im Blut dient. Es darf also angenommen werden, daß durch potenziertes Ammoncarbonat der Säure-Basen Stoffwechsel angeregt wird.

In vielen Arzneimittellehren wird daher wohl nicht zufällig Am.-c. als großes Reaktionsmittel, bezeichnet. Ammonim carbonicum scheidet Säuren aus” (Vithoulkas, Kent). Die Ähnlichkeit zu Sulphur hinsichtlich der Anregung des eigenen Stoffwechsels ist dabei augenfällig und die Grundlage der “Reaktions-Wirkung”, den erstarrten Organismus einer dynamischer Beeinflussung wieder zugänglich zu machen, wohl darauf zurückzuführen (vergleiche dazu Mezgers Anmerkungen zu Sulfur, S.1381).

Arzneimittelprüfungen

In den Chronischen Krankheiten, Band 1 findet sich die ausgiebige Prüfung Hahnemanns (mit 6 Mitarbeiter, 789 Symptome). Hahnemann gibt genaue Herstellungsanweisungen:

das resublimierte Salz wird bis zur C3 trituriert und erst dann flüssig weiterpotenziert, ein Vorgang, den Hahnemann in seinen späten Jahren ausschließlich und bei allen Arzneien angewandt hat [2] . Das Mittel wird als “sehr gutes, kuratives Anti-Psorikum in chronischen Fällen” beschrieben.

 

T.F. Allens Encyclopädie listet 1010 Symptome von 20 Prüfern. Die Arznei wurde aus einer 10% wässrigen Lösung des Salzes hergestellt !

Arzneimittellehren

 

J.T. Kent:am.-c. ist eintief wirkendes konstitutionelles Mittel, ein Anti-Psorikum”. Zahlreiche scharfe, wundmachende Ausscheidungen (Speichel, Tränen, Stuhl, Leucorrhoe, Menses, Ausscheidung von Ulcera), hämorrhagische Diathese (schwarzes, flüssiges, nicht gerinnendes Blut aus Nase, Uterus, Blase & Eingeweide).

“Das Herz scheint starken Bezug zu am.-c. zu haben: hörbare Palpitation mit großer Erschöpfung, jede Bewegung verschlimmert, Asthma cardiale.”

 

Schwäche, Erschöpfung, schwaches Herz, muß im Bett liegen wegen Herzklopfen und Atemnot bei jeder Bewegung.

 

Kent beschreibt eine Patientin mit genau diesen Symptomen: von einem Neurologen eine sechswöchige “Rastkur” verordnet aus der sie sich offensichtlich nicht mehr erheben konnte. Zugezogene Herz-, Lungen- usw. Spezialisten konnten keinen organischen Schaden finden. Nachdem Kent konsultiert wurde und er mit diesen vagen Angaben am.-c. verordnet hatte, kletterte sie wieder auf Berge.

 

Dyspnoe, vorallem kardial, aber auch Asthma mit dem eigentümlichen Symptom der Verschlimmerung im warmen Raum bis zum Ersticken, muß hinaus in die kalte Luft gehen (obwohl sonst kalte Luft verschlimmert).

Beschwerden kommen besonders um 3 Uhr morgens: Husten, Schwäche, Erschöpfung, Palpitation, kalter Schweiß und Dyspnoe (kali.-carb.).

Patienten, die sich unter Therapie gut entwickeln aber an plötzlichem Herzversagen verscheiden.

Brust voll Schleim, schwer herauszuhusten, starkes Rasseln. “Ein gutes Palliativum in den letzen Stadien der Schwindsucht. Eine Dosis am.-c. bei starker Kälte, Erschöpfung und Schwäche in der Brust”. Die Schwäche von stan., der Schleim von ant.-t.

Angaben zum Einsatz bei septischen Erkrankungen (Erysipel, maligner Scharlach, Typhoid, Diphterie) gehen wohl auf den damals geübten allopathischen Einsatz des Mittels in pharmakologischer Dosis bei diesen Zuständen zurück.

“Wenn unter der Behandlung einer schweren Erkrankung Karbunkel oder Erysipel auftreten [Septikopyämie] und dabei aber keine Erleichterung für den Patienten eintritt, besteht Gefahr . Man braucht sofort ein Mittel. ... Am.-c. ist eines der Mittel um das Fortschreiten dieses Prozesses einzudämmen.”

“Kann mit seiner Morgen-Verschlimmerung, der Erschöpfung, dem Herzklopfen, den schwarzen Blutungen, der Sepsis und dem speziellen Kopfschmerz Lachesis ähneln, wirkt aber antidotisch !” Oft bei Schlangenbissen eingesetzt.

Hörstörungen. Viele Augensymptome, konstitutionell eingesetzt konnte er Katarakt heilen [in “Entsäuerungsliteratur” habe ich Angaben zur Heilung des grauen Stars durch “Entsäuern” gefunden].

Baden verursacht vielerlei Beschwerden, Nasenbluten vom Gesichtswaschen. Viele Halsbeschwerden, erinnern wieder an Lachesis.

Ein wichtiges eigentümliches Symptom: Gefühl der Wundheit in den Beckeneingeweiden, als ob alle inneren Teile roh wären (besonders während der Regel).

 

J.H.Allen´s (die Miasmen): man kann es bei hysterischen Beschwerden vor Lachesis in Erwägung ziehen. “Dies ist ein echtes pseudo-psorisches [tuberkulöses] Mittel”. “Das Mittel ist feindlich gegenüber Lachesis” (S.87, Kap. Dysmennorrhoe). “Schläft am Tage und nicht in der Nacht” (S. 166, Kapitel Fluor).

 

G. Vithoulkas weist darauf hin, daß das Mittel sehr komplex und wenig verstanden und daher selten angewandt wird, stattdessen kali.-carb., ant.-t., carbo-veg. verschrieben wird.

Schlaffe und fettleibige Menschen (Cortison-Patienten) mit schwachem Herzen und noch schwächeren Atemsystem. Erschöpfung und unbeschreibliche Müdigkeit. “Der Patient ist in arger Bedrängnis, mit Erstickungsgefühl beim Atmen und sehr geräuschvollem Luftholen, Zyanose der Lippen, der Nase und sogar der Fingerspitzen, er sieht ängstlich aus und hat das Gefühl, etwas Schlimmes stehe bevor. Die Stimme des Patienten ist sehr schwach, matt und heiser, die Nase ist kalt, obwohl Körper und Füße sich warm anfühlen, der Puls ist extrem schnell und schwach. In einem solchen Fall sollte man an Ammonium carbonicum denken, und nicht an Carbo vegetabilis oder Antimonium tartaricum.”

Affektionen der Atmungsorgane mit langer Vorgeschichte, (scharfer) Schnupfen, rezidivierenden Erkältungen, die sich schließlich in den Bronchien festsetzen, mit schwer auszuwerfenden Ansammlungen von Schleim bis zum Schluß das Emphysem so groß wird, daß nur noch eine ausgeprägte Dyspnoe ohne Husten oder Rasseln festgestellt werden kann ! “Eines der besten Mittel bei Emphysem mit Zyanose”.

Absonderungen sind scharf und ätzend. “am.-c. scheidet Säuren aus”.

Kaltes, besonders nasses und stürmisches Wetter ist unerträglich. Unwohl bzw. Verschlimmerung durch Nässe. Schlimmste Zeit zwischen 3-4 Uhr morgens.

 

“Wir haben bisher kein klar abgegrenztes geistig-psychisches Bild dieses Mittels.” Vithoulkas zeichnet nichtsdestotrotz aus einigen der vorhandenen Geist-Gemüts-Symptome und anderen Charakteristika (“beissende Ausflüsse”) ein Bild, das (wie viele in seiner MM) etwas konstruiert wirkt:

durch Schwäche, Herzbeschwerden usw. eingeschränkt, entwickelt der Patient einen bissigen Charakter. Reizbar, unfreundlich, beleidigend, leicht “sauer”. Überempfindlich gegen Kritik. Eigensinnig, eine Haltung von 'Lassen Sie mich doch bitte in Ruhe'. Wut und Jähzorn, besonders bei Kopfschmerz (Nasenwurzel!), kalt-nassem Wetter oder abends. Wasser verschlimmert, daher unreinlich und ungepflegt, was zum Problem mit anderen Mitbewohnern werden kann. “Von den älteren Männern unter meinen am.-c. Fällen waren die meisten nicht verheiratet.” [siehe Gemütssymptome unten].

 

Das Gupta: “Starke Aversion gegen Wasser und allgemeine Unsauberkeit”. “Wurde erfolgreich bei Rauchgasvergiftung eingesetzt” (dazu Orginalsymptom 61, CK: “Drückendes Gefühl in der Stirn, wie von Kohle-Gas”). “Lokal angewendet ein ausgezeichnetes Mittel gegen Insektenstich”.

 

 

Gallavardin: “am.-c. ist ein Mittel für Patienten, die Urin oder Fäces zu jeder Zeit oder an jedem Platz von sich geben und deren Manie oder Idiotie durch extreme Unsauberkeit gekennzeichnet ist” (gefunden in Fayazuddin, Peculiar and Characteristic Symptoms).

 

Bei Bannerjee findet sich eine weitere der wenigen Kasuistiken zu diesem Mittel: starke uterine Hämorrhagie begleitet von “quälendsten Herzbeschwerden”. Blutung wurde mit am.-c. 200 sofort gestoppt. Schließlich verschwanden langsam auch die Herzprobleme. Eines der führenden Mittel für Schlangenbisse und Insektenstiche.

 

H.K. Deys kleines “Traumbüchlein”:  Rastloser, unerfrischender Schlaf, wirft sich hin und her. Muß am Nachmittag schlafen. Häufiges Aufschrecken aus dem Schlaf mit großer Furcht danach. Alptraum jede Nacht, manchmal schweißgebadet. Lebhafte Träume, romantisch, ängstlich, lüstern, von Ärger und Not, Geistern, vom Sterben, toten Personen, Beleidigung, Läusen, Schimpfen. Spricht im Schlaf.

 

J. Mezger arbeitet nicht nur in gewohnter Weise die physiologische Bedeutung von Ammonium auf, sondern weis auch zu berichten, daß “am.-c. kein Konstitutionsmittel ist und vorwiegend für akute Erkrankungen oder akute Phasen chronischer Erkrankungen Verwendung findet”. Kälte/Nässe/Waschen werden nicht vertragen, damit ist es der hydrogenoiden Konstitution zuzurechnen. “Anorganisches Lachesis”. Er erweitert das Arzneimittelbild um die klinischen Beobachtungen Dyspnoe im Moment des Einschlafens; Erstickungsgefühl, fährt damit aus dem Schlaf auf und einem sonst Ammonium muriatikum zugeordnetem Symptom: Kältegefühl zwischen den Schulterblättern.

 

Prof. H.V. Müller findet eine unsichere Farbwahl von 6E5 im Farbatlas von Kornerup & Walscher.

Ammonium carbonicum in Rubriken

Geistes-Gemüts-Rubriken (Agrawal) (* kennzeichnet Single Symptom Rubriken) in der plus-minus Reihenfolge:

 

Heiterkeit, Extravaganz, verstärkte Phantasietätigkeit (abends, laszive), Ekstase

Fröhlichkeit, Lebhaftigkeit (abends), Erregung (abends), Ideenreich, klarer Kopf

Lachen, unangemessenes, über Kleinigkeiten

Launenhaftigkeit

Chaotisch, Abneigung gegen Geschäfte

erfolglos, ihm gelingt nichts

Erregung, abends, beim Denken an die ihr von anderen zugefügten Kränkungen *

Verweilt bei vergangenen unangenehmen Ereignissen

denkt an alles, was andere zu ihrer Kränkung getan haben; liegt damit wach, morgens hat sie es vergessen *

hartnäckige Gedanken, quälend, wandernd

spricht im Schlaf woran er beim Wachsein dachte, enthüllt Geheimnisse

Aufschreien im Schlaf, stöhnen im Schlaf

Rastlos, nervös (beim Aufwachen)

Unzufrieden, unzufrieden mit allem, tadelsüchtig, krittelig

Neigung zum Verleumden, Gewissensangst, als ob eines Verbrechens schuldig

Ärgerlich, Reizbar, verträgt keinen Widerspruch, unfreundlich, mürrisch

Haß, Fluchen, Gewalttätig, Bösartig

Unterhaltung und Gespräche von anderen Leuten verschlimmert

Abneigung zu antworten, Unterhaltung verschlimmert, schweigsam

Abneigung, gegen anderes Geschlecht, Abneigung gegen Frauen

Abneigung auszugehen, Abneigung, gegen Wasser* [NT sulph]

Furcht, vor dem Teufel, vor einer drohenden Krankheit, auffallende Religiösität

Traurigkeit (bei bedecktem Wetter*), weint leicht, Depression, Verzweiflung,

Gedanken an den Tod, Suizidneigung

 

Zusammenfassung

·      Schwaches Herz, insuffizient, tachykard, periphere Zyanose

·      Extreme Erschöpfung, Endzustand (carbo-veg.)

·      Dyspnoe, Asthma cardiale, Asthma bronchiale (< warmen Zimmer), Emphysem

·      Schnupfen, Anginen, Bronchitis, Pneumonie
viel Schleim (ant.-t.), jedoch zu schwach um ihn auszuhusten (stann.)

·      hämorrhagische Diathese, dunkles, schwer gerinnendes Blut (Lach.)

·      maligne Anginen, maligner Scharlach, septischer Zustand, Livedo (Lach.)

·      zahlreiche sensorische Symptome (Augen, Ohren)

·      jede Ausscheidung ist scharf und ätzend [Entsäuerung]

·      Emotionen geprägt von Kränkungs/Enttäuschungs/Betrogenheitsgefühl, zieht sich (beleidigt) zurück, abends unruhig und reizbar

·      Weinerliche (selbstmitleidige) Stimmung

·      hochaktives Traumleben, unruhiger Schlaf mit Tageserschöpfung

·      Verwahrlosung

 

Modalitäten

< abends, von kaltem, nassem Wetter, bedecktem Wetter, kalte Luft, Bewegung, Bücken, Neumond, nassen Anwendung, durch Waschen, von 3 Uhr bis 4 Uhr früh, Schlaf, während der Menses.

 

> Liegen auf der schmerzhaften Seite und auf dem Bauch; Liegen auf rechter Seite, Druck, trockenes Wetter, Essen

Kasuistiken

Abschließend die angesprochenen Anmerkungen zu einigen Arzneien von Dr. P. Sankaran (Übersetzung durch den Autor):

 

Ich habe am.-c. nicht oft eingesetzt und mich eigentlich gewundert, daß der berühmte Dr. B.Bhattacharya von Baroda in einem Buch schrieb, daß am.-c. eines der sechs “Edelsteine” der homöopathischen Medizin darstellt.

Kürzlich kam ein 18jähriges Mädchen wiederholten Asthmaattacken zu mir, agg. bei Neumond, vor der Menses, mit Husten < beim Liegen auf der rechten Seite. Beim Ausarbeiten des Falles kam ich auf am.-c., lyc. und sulph. Da am.-c. die Atmungs-Sympome aufweist, gab ich ihr das Mittel und sie wurde komplett geheilt. Ungefähr eine Dosis [?] alle 15 Tage. Ihr geht es nun seit über einem Jahr sehr gut.

Ich schaute mir am.-c. genauer an und war überrascht, daß es in unzähligen Rubriken vorkommt. Es scheint viele Fälle von Asthma abzudecken. Oft finde ich, daß, wo wir ars. einsetzen, wir eigentlch am.-c. benutzen sollten. Carb-v. ist ein Reaktions-Mittel. Wir geben carb-v. bei chronisch respiratorischen Problemen mit schwacher Reaktion. Aber eigentlich scheint am.-c. besser als carb-v zu wirken, als Mittel um Reaktion hervorzurufen. Patienten mit Schnupfen, die in der Nacht verstopfte Nase hatten, gab ich immer ars. mit einiger Erleichterung. In Kents Repertorium fand ich in der Rubrik “Nase, verstopft, nachts” nur 3 Mittel in Großbuchstaben, am.-c., lyc. und nux-v. Ich gab am.-c. und fand, daß es viel besser half als ars.

 

Ich hatte einen anderen sehr interessanten Fall: ein 16jähriger Bursche war extrem fett (110kg). Fettsucht ist ein Symptom von am.-c., obwohl es nicht im Kent unter dieser Rubrik (Obesitas) steht. Dieser Junge hatte monatelang nicht-heilende Geschwüre an den Füßen. Er ging mit Geld sehr freigebig um, gab sein Vater ihm Taschengeld, verschwendete er es. Er würde 2 oder 3 mal mit dem Taxi herumfahren, oder einmal hat er seine Freunde in eine Eisenhandlung mitgenommen und jedem eine Pfanne um 1 Rupie [!] gekauft. Er war exzessiv durstig nach kaltem. Er log und stotterte auch. Am.-c. hatte die meisten Symptome und alle verbesserten sich.

 

Da am.-c. um 3 Uhr früh und durch Feuchte schlimmer wird, könnte ich mir vorstellen, daß es besser als kali-c. in Bombay hilft.

Am.-c. ist sehr hilfreich für alte Leute. Dort wo wir carb-v. geben kann es genauso gut sein. Im Repertorium findet man unter 'Obesitas alter Leute' nur kali-c., aber am.-c. hat genauso 'Obesitas' und auch 'alte Leute'. In solchen Fällen kann am.-c. besser als kali-c. wirken.

 

Ich habe zwei andere interessante Fälle behandelt.. Mrs. J.R.K., 49 Jahre, konsultierte mich am 9.April 1975 wegen rheumatischer Schmerzen, eher rechtsseitig, schlimmer im Winter, nach Ruhe, besser durch Bewegung. Kürzlich bekam sie noch Schmerzen in der rechten Hüfte und pulsierende, krampfende und elektroschockartige Schmerzen die das rechte Bein hinunterschossen, schlimmer zwischen 1 und 3 Uhr nachts. Sie muß dann herumgehen und ihr Mann muß die schmerzenden Teile drücken und massieren. Ist bei wolkigem Wetter deprimiert, träumt von Geistern. Die Schmerzen sind an kleinen Stellen, die herumwandern und mit Hitze und Röte assoziiert sind. Wird bei Widerspruch zornig. Weint leicht, dann geht es ihr besser. Weinte beim Erzählen der Symptome. Fühlte sich von Verwandten betrogen und war enttäuscht. Sie bekam rhod. 10M, sulph. 1M, puls. 10M, bry. 10M, rhus-t. 10M und syph. 10M von einigen Homöopathen ohne Erleichterung. Ihr Fall wurde nach folgenden Rubriken aufgearbeitet: wolkiges Wetter < ; Seite rechts ; Schmerzen, wandernde : Bewegung > ; Reiben > ; Druck > ; Zorn nach Widerspruch.

Das einzige durchgehende Mittel war am.-c., das auch den Hintergrund des Kummers, die Träume von Geistern usw. abdeckte. Sie bekam am.-c. 30, 1 x Trituation pro Tag und es ging ihr innerhalb einer Woche um 25% besser. Sie bekam am.-c. weiterhin in verschiedenen Potenzen, von 200 bis 50M und es ging ihr um 95% besser. Die Reste verschwanden unter puls.

 


Literatur (in Reihenfolge des Auftretens)

 

1.       J. Mezger Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre, Haug Verlag

2.       Hollemann-Wiberg, Lehrbuch der Anorganischen Chemie, de Gruyter, Berlin

3.       S. Hahnemann, The Chronic Diseases, Vol I Part 2, Indian Books & Periodicals Syndicate, New Delhi

4.       T.F. Allen, Encyclopedia of Pure Materia Medica, B.Jain Publ., Delhi

5.       J.T. Kent, Lectures on Homeopathic Materia Medica, Indian Books & Periodicals Syndicate, New Delhi

6.       W. Boericke, Homöopathisches Taschenbuch, Barthel Verlag, Berg

7.       Phatak, Materia Medica of Homeopathic Medicines, Indian Books & Periodicals Syndicate, New Delhi

8.       J.H. Allen, Die Chronischen Krankheiten - die Miasmen Band 2, Verlag Renee von Schlick, Aachen

9.       E.B. Nash, Leitsymptome in der Homöopathischen Therapie, Haug Verlag

10.     G.Vithoulkas, Materia Medica Viva, Band II, Burgdorf Verlag

11.     Das Gupta, Characteristic Materia Medica, Economic Homeo Pharmacy, Calcutta

12.     N.K. Banerjee, Realistic Materia Medica, B.Jain Publ., New Delhi

13.     H.K. Dey, Sleep and Dreams, Haren & Brother, Calcutta

14.     J. Mezger, Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre, Haug Verlag,. Heidelberg

15.     A. Kornerup & J.H. Wanscher, Taschenlexikon der Farben, Muster-Schmidt Verlag, Zürich

16.     M.L. Agrawal, Materia Medica of the Human Mind, Pankaj Publ., Delhi

17.     P. Sankaran, Random Notes On Some Remedies, The Homoeopathic Medical Publ., Bombay (1977), S. 7-9

 

 

Der Autor bittet Leser, die mit der Arznei tiefere Erfahrung machen konnten, diese zur Publikation zur Verfügung zu stellen. Am einfachsten auf eine Kassette sprechen und an den Autor zur Transkription weiterleiten.

 

Anschrift des Verfassers: Dr. Helmut Retzek, A-1150 Wien, Gablenzgasse 17/25

  

 



[1] Schon zu Hahnemanns Zeiten wurde dieses Verfahren angewendet. Hahnemann verweist auf mögliche Kontamination kommerziellen Riechsalzes durch Blei und gibt ein einfaches Verfahren zur Resublimation an.

[2] siehe Friedrich Dellmour: Entwicklung der Arzneiherstellung bei Hahnemann (in Vorbereitung); auszugsweise präsentiert bei der I. Jahrestagung der ÖGHM, Oktober 1992

publizert als: Ammonium Carbonikum; HiÖ; 6/1; März 95; 11

 

 

 


 

Calcium-calcinata: Eine historische Warzen-Arznei

 

publiziert in: 

 

H. Retzek

 

In E. P. Anshutz´ "New, Old and Forgotten Remedies" finden sich einige interessante Fallschilderungen, wonach L.H. Keay und J.H. Clarke "Calcarea calcinata" sehr wirkungsvoll gegen Warzen befunden hatten. Die Arznei wurde aus gebrannten Austernschalen hergestellt und bestand somit größtenteils aus gebranntem Kalk (Calciumoxid), welcher sich nach Versetzen mit Wasser in Calcium causticum (Calciumhydroxid) umwandelt.

 

L.H. Keay schreibt in diesem Artikel:

 

"Ich lege eine Probe von Calcarea calcinata bei, vor einigen Jahren hergestellt und zwar:  die Schalen zerkleinern, in eine Glühschale packen und auf hellroter Glut ungefähr 30 Minuten halten, abkühlen lassen, dann in einer Reibschale zerreiben.  Ich glaube es liegt näher bei Causticum als bei Calcium carbonicum.  Sehr scharf.  Schmeckt wie Kalium carbonicum.

Die Geschichte:  In meiner Jugend war meine Hand mit kleinen, flachen, glatten, feuchten Warzen bedeckt.  Sie blieben über Jahre und trotz Einsatz verschiedenster Mitteln - Rhus toxicodendron, Thuja, Calcium carbonicum und sogar Beschwörung und Aberglauben. Sie verbreiteten sie sich schließlich so sehr, daß ich im Alter von 21-22 Jahren an beiden Händen 450 Warzen zählen konnte.  Einige auf den Knöcheln sprangen auf und waren sehr schmerzhaft.  Da kam mir die Idee es mit Kalk-Wasser aus Austern-Schalen zu versuchen.  Ich trocknete und brannte einige im Küchenfeuer, warf eine in eine Pinte [3/4l] Wasser und nahm einen Teelöffel nach jeder Mahlzeit.  Nach 2 Wochen waren alle Warzen verschwunden und sind nie mehr zurückgekehrt.  Das ist jetzt über 30 Jahre her.  Während dieser Zeit habe ich ähnliche Auswüchse an den Händen vieler meiner Schüler beobachtet und ihnen einiges von dem Mittel 1x [D1] oder 1 [C1] zum Ausprobieren gegeben und es hat mich nie im Stich gelassen, außer ein oder zweimal, als ich damit an der "Blumenkohl"-Art experimentierte, für die es nutzlos erscheint.  Rhus toxicodendron  oder Thuja sind da viel besser.  Mir ist sonst nichts besonderes dabei aufgefallen; außer vielleicht, daß, wenn man es zu stark verabreicht es mehr oder weniger Durchfall erzeugt, durch Reizung der Schleimhaut, stelle ich mir vor. Einmal mehr möchte ich ihnen für ihre Freundlichkeit danken, mit besten Grüßen,  L.H.Keay." (2. April 1912)

 

J.H. Clarke experimentierte daraufhin ebenfalls mit dieser Arznei und fand die Indikationsstellung Keays bestätigt:

 

"Mr. Keay´s Probe von Calcarea calcinata habe ich an die Herren Epps weitergeleitet, die für mich Verdünnungen bereitet haben.  Davon habe ich nur die 3x Trituation in 8 Gran Dosen eingesetzt [D3, Dosis 480mg), und konnte bei vielen Gelegenheiten Mr. Keay´s Indikationen bestätigen. Ich bin ihm ausgesprochen dankbar dafür mir eine neue Waffe mit klarer, starker und breiter Indikation in die Hand gegeben zu haben.

Hier einige meiner Fälle:

(1)  Eine junge Dame, Schulbesucherin, in England; kräftig und von guter allgemeiner Gesundheit aber mit einem gewissen sykotischen Einschlag, wurde über lange Zeit sehr von unansehlichen Warzen an den Händen äußerst geplagt. Ich könnte nicht behaupten, daß irgendeines der Mittel, die ich verschrieben hatte eine wirkliche Verbesserung bewirkt hätte.  Im Juni 1912 verschrieb ich Calcarea calcinata, 3x, 8 Gran zur Bettzeit einzunehmen.  Sofort kam die Veränderung zum Besseren.  Die Warzen brachen auf und waren in wenigen Wochen verschwunden.

(2)  Ein Junge, 9, hatte eine Warze auf einem seiner Finger, die dem ausgezeichneten lokalem Homöopathen lange Zeit widerstand. Calcarea calcinata, in der selben Art eingesetzt, klärte den Fall bald.

(3)  Frau B. hatte eine störende Warze nahe beim Nagel ihres Zeigefingers.  Calcarea calcinata 3x zur Bettzeit räumte bald mit dieser Erscheinung auf.

 

Um es einmal auszusprechen: mein Vertrauen in Calcarea calcinata als Warzen-Mittel ist so groß, daß immer dann, wenn Warzen als führendes Merkmal hervorstechen, ich mich einfach nicht mehr mit der Jagd nach dem Simillimum abplage, bevor ich Calcarea calcinata eine Gelegenheit eingeräumt habe, zu zeigen, was es kann.  Es läßt mich kaum im Stich und meine Dankbarkeit an Mr. Keay wird dabei jedesmal erneuert." (16. Dez. 1914)

 

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Literatur:

E. P. Anshutz, New, old and forgotten Remedies

Wiederauflage in Indian Books & Periodicals Syndicate, New Delhi.

 

Übersetzung:  Helmut Retzek (cand.med.), Gablenzgasse 17/24&25, A-1150 Wien

publiziert in: 

 

 

 

Propolis - einige Erfahrungen

publiziert:   Propolis - einige Erfahrungen & AMP; HiÖ; 5/3; Sept. 94; 30

 

Mein Interesse an Propolis wurde durch den äußerst interessanten Artikel des Veterinärs G. Borschel im DJH 2/91 geweckt, welcher Propolis potenzierte und dessen Einsatz in seiner Praxis jahrelang systematisch untersuchte.

Zusammenfassend schreibt er Propolis große Indikationsbereiche mit 4 Schwerpunkten zu:

·      Allergie und Urticaria in verschiedenen Erscheinungsformen

·      Herzmuskelschwäche und Herzrhytmusstörungen, besonders Herzstörungen nervöser Art

·      Partielle und totale Paresen bekannter, sowie unbekannter Genese (zB.Teckellähme).

·      Virusinfektionen, besonders Grippe und Parvovirose

Eindrucksvoll seine Kasuistiken, besonders die Erfolge bei eine tödliche Schweine-Erkrankung, die Bananenkrankheit, eine virale Entzündung der langen Rückenmuskulatur mit schmerzbedingter bananenförmiger Stellung der Tiere; sowie die Urtinktur appliziert in Sach.-Lac.: ein hervorragendes und lang wirkendes Wurmmittel zur Entwurmung von Hunden und Schafen, sowie natürlich die verschiedenen Lähmungen der Hunde (Treckellähme).

 

Da Propolis in der volkskundlichen Medizin ebenfalls zur Abwehrsteigerung eingesetzt wird, es sich - wie Ambra - um das Produkt eines Tieres handelt und daher interessante Geistes-Gemüts-Symptome versprach, lag der Schluß nahe, dieses Mittel zu prüfen.

Es war dies meine erste Arzneimittelprüfung als Prüfungsleiter, die Teilnehmer wurden aus Interessierten bei der Vorlesung von Dr. König rekrutiert. Von 13 Teilnehmern erhielt ich, trotz eifriger telefonischer Betreuung der Prüflinge, nur 5 Protokolle zurück. Ich glaube jedoch, daß diese sehr wohl ein gutes Bild von Propolis vermitteln können und werde, sobald ich das Spracheingabe-System für meinen Computer bekommen habe, die Prüfungs-Symptome in einem kleinen Heftchen über die Gesellschaft veröffentlichen.

 

Hier möchte ich vorallem die Erfahrungen teilen, die ich damals mit Propolis sammeln konnte. Ich vermute, daß Propolis einerseits ein großes “unspezifisches” Mittel, in etwa wie Echinacaea werden kann, andererseits auch die Potenz zu einem tiefgehenden personotropen Mittel beinhalten kann.

 

Aus der Literatur

Aus “Doktor Biene, P.Uccusic, Ariston Verlag ISBN 3-7205-1251-7” schlagwortartig zusammengefasst, der interessierte Leser möge die Orginal-Quelle konsultieren, die interessant, gut recherchiert und referenziert ist.

Propolis inhibiert Wachstum von Tuberkelbakterien, wirksam gegen 24 von 39 untersuchten Bakterienstämmmen (u.a. Salmonella typhi) und 20 von 20 untersuchten Pilzen !

In einer Konzentration von 0.1-2% gegen 40 verschiedene Stämme von Hautpilzen wirksam gefunden, 35 Stämme tw. multiresistente Staph. aureus. In 2% Dosis "verlässlich bakterizid". Bei Candida-Vaginitis lokal als Suppositorium innerhalb 2 Wochen rezidivfreie Wirkung. 1976 bei Hongkong-Grippe-Epidemie hervorragend protektive Wirkung. Sofortige Schmerzlinderung bei Herpes (zoster, simplex) Bläßchen durch Betupfen mit Salbe oder Tinktur. Creme bei Verbrennungen und v.a. Akne vulgaris (Patientin die 30 Jahre an A.v.conglobata litt nach wenigen Wochen geheilt), wiederholte Bestätigung. Schwerste Ischialgie (Frühpensionierung) mit Salbenumschläge geheilt. Tennisarm (Sehnen+Faszien+Muskel-Entzündung) und Bursitis mit Salbenumschläge in 80% der Fälle nach wenigen Tagen geheilt. Ulcus (ventrikuli + duodeni) spektakulär (!!) gebessert bis geheilt (100 Patienten d. Spitals Klosterneuburg, 5 Tr. Tinktur 15' vor Mahlzeit in Wasser). Als Massage-Creme bei HWS/BWS-Syndrom, Lumbago und Arthritis überlegene Wirkung im Doppelblindversuch (Krankenhaus Reutte, Tirol). Deutliche Besserung bei Cox/Gonarthrose.

 

Weiters eingesetzt und als wirksam erkannt bei: Hühneraugen, Varizen (nicht massieren), Onychomykosen. Anginen, Gingivitis, Foetor ex ore, Ozaena, Parodontose, Tonsillitis, Laryngitis, Seborrhoe, Psoriasis (unter diätetischer Unterstützung), Hepatitis, Hämorrhoiden, Obstipation, Intertrigo, cardiale Insuffizienz, gyn. Erkrankungen.

 

 

Einige Erlebnisse mit Propolis

Winter 1992 "1 Million Österreicher mit Grippe im Bett !". Diese Schlagzeile mag das Ausmaß der damaligen Grippewelle beschreiben: sehr starkes abendliches Stirnkopfweh, am nächsten Tag hohes Fieber mit ausgeprägten Kreuz-, später auch Gliederschmerzen, schließlich nach ca. 3 Tagen Abklingen und eine weitere Woche Krankheits- und Schwächegefühl.

 

Meine im Prodromalstadium mit Propolis (D12, D30) "Behandelten" kamen noch mal davon, ich selbst nahm das Mittel (da ich einige Tage nicht zuhause war) im voll entwickelten Krankheitsstadium wobei zwar die akuten Symptome sofort verschwanden aber ich mich trotzdem die volle Zeit krank fühlte. Die später durchgeführte AMP bestätigte die starke Similität von Propolis zum damaligen Grippe-Virus.

 

Mein Freund Robert ist Jung-Regisseur und stand damals vor seiner herausfordernsten Regie. Manchmal bekommt er 'allergische' Schnupfen-Anfälle, begleitet von 'Taubheit des Kopfes'. Ob ich nicht etwas für seinen Kopf hätte, er "brummt wie ein Bienenschwarm"? Propolis D12 sorgte für sofortige Klärung. Nach einer Woche bekam ich einen weiteren Anruf und er bat mich wieder um Globuli. Das Mittel mache ihn so euphorisch und aktiv, die Arbeit verlaufe wunderbar, die ganze Theatertruppe "sei schon auf Propolis". Obendrein schienen alle vom Grippevirus verschont zu werden.

 

Erst jetzt erinnerte ich mich, daß, als ich am Vortag meiner Frau bei ersten Anzeichen einer Erkältung Propolis (D6) gab, sie danach am Abend ununterbrochen lachte, sich großartig über alles und jedes amüsierte, gerade so als ob sie eine Cannabis-Urtinktur-Prüfung machte.

 

Ich war gerade bei meinen Eltern am Land zu Besuch, als ein Freund der Familie anrief, er habe sich beim Tennisspielen den Fuß "umgeknickt" und könne kaum gehen, dies würde erfahrungsgemäß in den nächsten Tagen noch viel schlimmer werden. Ich gab ihm Arnika D6 innerlich, zusätzlich mischte ich eine nur schwach parfümierte Feuchtigkeitslotion mit Propolis-Tinktur (ca 20%) und gab sie ihm zum Einreiben mit; am nächsten Tag war er "fast" wieder gesund. Nach meiner Erfahrung wirkt Arnika bei Verletzungen kaum, wenn es sofort eingenommen wird, sondern erst nach einer Latenz von einigen Tagen, umso eindrucksvoller, je länger der Unfall zurückliegt (ähnliche Aussagen in Voeglies und Sankarans Schriften). Ich mache daher vorallem die Propolis-Creme für diese rasche Besserung verantwortlich und konnte dies noch oft bestätigt finden.

 

Ich erwachte durch einen Hustenanfall meiner Frau. Bereits seit 3 Tagen klagte sie über "trockenen" Hals, Schluckschmerzen im Kehlkopfbereich, zeitweiligen geringen Schnupfen und Nießattacken - im ganzen eine stressbedingte, undeutliche, nicht therapiebedürftige Affektion. Jetzt schien es schlimmer zu werden. 1 glb. Propolis M und sie schluckte noch einmal hart durch, dann war's vorbei und sie (leider nicht ich) konnte ruhig weiterschlafen und war fortan geheilt.

 

Meine Eigenversuche mit Propolis-Tinktur (5-10x pro Tag über 6 Wochen) bestätigten mir wiedereinmal, daß ich homöopathisch nicht zu beeinflussen wäre:

·      meine aufregenden Abenteuer-Träume erklärte ich mit dem faden Studenten-Dasein. Da ich immer schon James Bond oder Indianer Jones sein wollte, konnte ich den tollen Abenteuern nicht entfliehen und 'mußte' bis Mittag schlafen,

·      deshalb konnte ich natürlich nicht mehr richtig lernen, mir nichts mehr merken.

·      Da ich nun soviel im Bett herumlag, 'verkümmerte meine Rückenmuskulatur' und ich mußte wegen dieser extrem ziehenden Schmerzen in der Kreuzbeingegend ständig Kissen unterlegen, meine Frau bitten auf meinem Rücken zu steigen, ja darauf herumzuspringen oder mich ganz fest in einen Türrahmen oder gegen eine Wand stemmen.

·      Es war auch gerade diese Zeit, als sich - sehr unangenehm - für 1 Monate bei jedem Schluckvorgang die Tuben öffneten, ich hatte sogar einige Tage lang starke Ohr-Schmerzen. Kein Wunder, “da ich doch damals gerade HNO lernte”.

·      Letztlich ließ ich mich über 3-4 Monate treiben, schlief lange voller aufregender Abenteuerträume, lernte kaum und machte in diesem Semester nur eine Prüfung.

Erst eine gezielte Therapie durch einen unserer großen Homöopathen half mir aus dieser 'Lebenskrise' und erlaubte mir retrospektiv in all diesen Geschehnissen die Umkehrphase der aktivierenden Propolis-Wirkung zu sehen.

 

Aus der Prüfung

Vorherrschend waren Erkältungsneigung, Halsweh (mit Heiserkeit), Schnupfen, Bläschen, Fieberblasen, Muskelkater, Rückenschmerzen !, starke Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, Müdigkeit, Schlafsucht, Verlust des Süßverlangens, Kälteempfindlichkeit.

Besonders auffallend aber auch

erhöhte Aktivität, Unternehmungsdrang, fleißig, “repariert Dinge, die seit Jahren herumstehen”, “es scheint als ob das Mittel mir hilft, die mir eigene Trägheit zu überwinden!” (‘Arbeitsbiene’), “geniessen”, lustbetont, positive Befindlichkeit.

Ich werde wohl nochmals Propolis prüfen müssen, um die AMP fertig auszuarbeiten und herausbringen zu können.

 

Zusammenfassend in meinen Händen DAS unspezifische Erkältungsmittel (1 glb M), als Creme (Propolis-Creme, Fa. Samson) bei Sportverletzungen und auch Pruritus sehr hilfreich. Leser werden gebeten ihre Erfahrungen zu teilen und an den Autor weiterzusenden.

publiziert:   Propolis - einige Erfahrungen & AMP; HiÖ; 5/3; Sept. 94; 30

 

 

 

 

siehe auch Heli Retzek: "die Sankaran Trilogie in der AHZ"

 

 
     
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