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ausgezeichneter Standespolitischer Artikel auf Colloquio.de  “wie verbindlich sind Leitlinien” – wichtig und Interessant für Kollegen wie ich selber, die häufig “Off-Label-Therapien” bzw. integrativ-medizinisch / funktionelle Medizin Zusatz-Therapien durchführen.

 

hier auszugsweise zitiert (bis auf Widerspruch durch Colloquio.de)

Die rechtliche Einordnung von Leitlinien in der ärztlichen Praxis 1

Die Befolgung von Leitlinien wird von deren Herausgebern für den Regelfall empfohlen. Nichtsdestotrotz weisen auch die Herausgeber der Leitlinien darauf hin, dass in jedem konkreten Behandlungsfall eine genaue Prüfung dahingehend erfolgen muss, ob die Empfehlungen der Leitlinie tatsächlich anwendbar sind.

 

Damit dienen Leitlinien als Entscheidungshilfen und sind rechtlich nicht verbindlich. Dies unterscheidet sie von Richtlinien. Trotz des erwähnten Empfehlungscharakters ist immer wieder von einer – mitunter sogar rechtlichen – Verbindlichkeit von Leitlinien die Rede. Fol­gen­de Aspekte sprechen gegen die rechtliche Verbindlichkeit von Leitlinien:

 

De jure handelt es sich bei Leitlinien somit um unverbindliche Empfehlungen einer privaten Institution. De facto kommt Leitlinien jedoch eine hohe Verbindlichkeit zu.

 

Die Gründe für diese vermeintlich hohe Verbindlichkeit von Leitlinien sind:

Risiko Behandlungsfehler: Vor Gericht zählt der medizinische Standard 1

Ungeachtet der vermeintlichen Verbindlichkeit von Leitlinien ist vor Gericht im Falle eines Behandlungsfehlerprozesses ausschließlich der medizinische Standard zum Zeitpunkt der Behandlung relevant. Dessen Feststellung obliegt einem gerichtlichen Sachverständigen, der sich wiederum – unter anderem – medizinischer Leitlinien zur Erstellung eines Gutachtens bedient. Leitlinien leisten zwar einen wichtigen Beitrag für die Bestimmung des medizinischen Standards, definieren ihn aber nicht konstitutiv. Insofern können sie nicht als eigenständiger Beweiswert zur Feststellung des verbindlichen medizinischen Standards herangezogen werden.

 

Der BGH 1 hält dazu in seinem Leitsatz fest: „Gesicherte medizinische Erkenntnisse, deren Missachtung einen Behandlungsfehler als grob erscheinen lassen kann, sind nicht nur die Erkenntnisse, die Eingang in Leitlinien, Richtlinien oder anderweitige ausdrückliche Handlungsanweisungen gefunden haben. Hierzu zählen vielmehr auch die elementaren medizinischen Grundregeln, die im jeweiligen Fachgebiet vorausgesetzt werden.“

 

Sofern er denn besteht, sind Ärzte bei der Behandlung ihrer Patienten also an den aktuellen medizinischen Standard gebunden. Dieser findet sich im Idealfall in den Leitlinien als aktueller Erkenntnisstand des gesicherten medizinischen Wissens. Leitlinien sind somit nicht per se rechtlich verbindlich. Vielmehr kann ihr Inhalt für eine konkrete Behandlung medizinisch und rechtlich dann verbindlich sein, wenn die Empfehlung der Leitlinie dem aktuellen medizinischen Standard entspricht.

Fazit für die Praxis:

Die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS) und die Deutsche Schmerzliga (DSL) geben für den Umgang mit Leitlinien auf ihrer Homepage klare Empfehlungen:3

 

In der täglichen Praxis sollte der behandelnde Arzt stets prüfen,

 

Schließlich betonen beide Gesellschaften in diesem Zusammenhang ausdrücklich: „Die ärztliche Methodenwahl ist eine höchstpersönliche ärztliche Entscheidung, die innerhalb eines Korridors nicht oder nur begrenzt justiziabel ist. Werden Leitlinien vorbehaltslos befolgt, wird die von der Rechtsprechung dem Arzt stets zuerkannte ärztliche Methoden- und Therapiefreiheit aufgegeben.“

 

Zudem könne laut DGS und DSL im konkreten Behandlungsgeschehen des individuellen Einzelfalles sogar ein Abweichen von den Leitlinien zwingend geboten sein. Denn: „Leitlinien haben keinen individuellen Einzelfall zum Gegenstand, sondern bieten lediglich einen Entscheidungskorridor für standardisierte Fälle“.

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