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Rajan Sankaran und die Situational Materia Medica – eine Einführung, Teil 1 AHZ 239 3/94 100

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Rajan Sankaran und die Situational Materia Medica – eine Einführung, Teil 1 AHZ 239 3/94 100

 


 

Rajan Sankaran und die Situational Materia Medica    eine Einführung

Teil I        H. Retzek

 


publiziert: Rajan Sankaran und die Situational Materia Medica – eine Einführung, Teil 1; AHZ; 239; 3/94; 100

 

In der folgenden Artikelserie wird versucht, ein kürzlich entwickeltes theoretisch-philosophisches Konzept des Krankheits & Arzneimittelverständnisses, die Situational Materia Medica (SMM), wie sie von Rajan Sankaran formuliert wurde, transparent zu machen.

Die Grundlagen der SMM werden auf Konsistenz zu Aussagen Hahnemanns als auch zu aktuellem faktisch-medizinischen Wissens überprüft. Die zentrale Störung wird definiert, die Dynamik von Krankheit und Behandlung zusammenfassend formuliert (Teil 1 & 2). Es wird eine theoretische und praktische Annäherung an das primär nicht ‘meßbare’ Symptom des Gemütszustandes dargelegt, sowie eine Methodik präsentiert, vom eigentlichen Wissen einer Arznei (den Rubriken) auf deren Gemütszustand zu schließen (Teil 3). Schließlich wird der eigentliche Kernpunkt der SMM, der intrapsychischen Vorgang der Wahrnehmungsverfremdung (Delusion) als Ausdruck der eigentlichen Erkrankung, dargestellt (Teil 4). Abschließend soll eine Zusammenfassung mit Beispielen den sehr weitgespannten Bogen dieses Konzeptes umspannen als auch offene Fragen ansprechen.

 


 

In the following series of articles I will try to provide some insights into the Situational Materia Medica (SMM), a theoretical-philosophical concept of understanding disease & remedies, as was developed recently by Rajan Sankaran.

The basis of the SMM are examined for consistancy to Hahnemanns findings as well as factual medical knowledge (Part 1 & 2). Then a theoretical and practical method to approach the primarily ‘unmeasurable’ state of disposition is presented as well as a method to deduce from the hard facts of a remedy – the rubrics – its underlaying state of disposition (Part 3). Finally the core of the SMM, disease as an altered state of perception (delusion), is presented (Part 4). In the last part a comprehension will review the entire concept as well as point to some open questions.

 


Schlüsselwörter

Situational Materia Medica, Sankaran, Delusion, NLP, Gemütszustand, Geistes- Gemütssymptome, Dynamik, zentrale Störung


Keywords

Situational Materia Medica, Sankaran, delusion, NLP, state of disposition, mind symptoms, dynamics, central disturbance

 


 

Oft wird auf die sich aus Dr. Sankarans Arbeit ergebenden Erkenntnisse Bezug genommen, ohne dessen Theorien explizit zu zitieren.  Da viele Dr. Sankaran noch nicht persönlich erlebt haben und dessen Hauptwerk ( 16 ) sowie Journal-Publikationen nur in Englisch vorliegen, soll in dieser Artikelserie versucht werden, einen Überblick über Dr. Sankarans Theorien zu geben [1] .

Im ersten Teil wird gezeigt, welche Charakteristika des Patienten ein direkter Hinweis auf seine Erkrankung darstellen und wieso sie ein Schlüsselrolle bei der Mittelfindung einnehmen sollten.

Der Beginn

Eine retrospektive Untersuchung vieler Fälle von Patienten, die von den Doktoren Jayesh Shah und Rajan Shankaran behandelt wurden, ergab, daß Verschreibungen auf der Basis von Geistes/Gemüts- (GG) und Allgemein-Symptomen wesentlich erfolgreicher verlaufen waren als jene, bei denen man sich vor allem auf lokale Symptome oder die Pathologie gestützt hatte ( 16 , S.4) [2] .

Aus rein pragmatischen Gründen und ohne die eigentlichen Hintergründe zu verstehen, wurde nun von beiden Homöopathen dieser Gesichtspunkt verstärkt im Auge behalten, ab und an vorsichtig “ausprobiert”, sich jedoch stets vergewissernd, daß das nach Gemüts/Allgemein-Symptomen ausgewählte Mittel immer auch das lokale Problem beinhaltete.

Erst ein schwieriger Fall von Vitiligo universalis, bei dem es keine Lokalsymptome gab und bei welchem das aufgrund von Gemüts- und Allgemein-Symptomen gewählte Mittel (Kalium jodatum) ausgezeichnet heilte obwohl es weder der Pathologie noch dem Organbezug entsprach, ließ Fragen aufkommen, aus deren Beantwortung sich schließlich ein logisches Gedankengebäude entwickelte, ‘das alle bis jetzt aufgekommenen “Schulen” zu beinhalten scheint und dessen Essenz schließlich zur Situational Materia Medica führte’.

Zwei Fakten

1. Über die C12 hinaus beinhalten homöopathische Mittel keine Moleküle des Arzneistoffes mehr, welche einen “materiellen Effekt” ausüben könnten.  Wenn überhaupt, dann kann daher nurmehr irgend eine Art von “Energie” (“Information” ?), die einen dynamischen Effekt ausübt, durch die Arznei auf den Patienten übertragen werden: 

Potenzen können nur dynamisch wirken  (1, S.5).

Es folgt die Frage:  was ist eine “dynamische” Störung, die mit einem dynamisch wirkendem Medikament behandelt werden kann ?

 

2. Bei der Mehrzahl der durch die Drs. Shah und Sankaran erfolgreich behandelten Fälle waren die Arzneien vorzugsweise auf der Basis der Gemüts/Allgemein-Symptome ausgewählt worden. 

Durch eine Arznei geheilte Fälle hatten also ähnliche Gemüts- und Allgemein-Symptome; aber die lokalen Symptome waren unterschiedlich, bzw nicht übereinstimmend.

Zur Grundlage der Arznei-Wirkung

Wie bewirkt eine beliebige “materielle” Arznei Symptome, besonders lokale Symptome ?  Diese Frage sollte, Dr. Sankarans Buch beiseite legend, kurz überlegt werden:

Entweder wirkt das Medikament

I.      direkt zellschädigend (lokal am Applikationsort, systemisch in der Niere nach tubulärer Konzentration, der Leber nach Aktivierung durch das Cytochrom-System, usw., d.h. durch Interaktion mit einem organspezifischen Enzym- bzw Transport-System),

 

II.   Veränderung der Stellglieder in den 3 großen Effektorsystemen:

1.      dem autonomen Nervensystem (N): Regulation lokaler Durchblutung, Schwitzen, Peristaltik, Herz-Kreislauf, Schlaf, vitale Reflexe usw.

2.      dem endokrinen System (E): Wachstum, Knochenstruktur, Zell-Metabolismus, Verdauung, Herz-Kreislauf usw.

3.      dem immunologischen System (I): Infektionsabwehr, allergische Reaktion, Autoimmunerkrankung usw.

 

und schädigen dadurch indirekt lokale Strukturen (z.B. durch ständige vegetative oder hormonelle Stimulation, lokaler Ischämie, Infektneigung und allergische Reaktion usw.).

 

Die Psychosomatik und die Psycho-Neuro-Immuno-Endokrinologie ( 14 , S.155 ff.) erforschen den Einfluß der Psyche (P) auf das Soma. Dabei konnte man bestätigen, daß die Psyche mittels der drei Effektorsysteme “N-E-I” (NEI) auf den Körper einwirkt.

Auch einige der körperorientierten psychotherapeutischen Schulen, am bekanntesten Willhelm Reich ( 13 , Orgonotherapie), Alexander Lowen ( 11 , Bioenergetik) und Gerda Boyesen [3] ( 6 , Biodynamik), haben ihren therapeutischen Systemen zugrundeliegende theoretische Konzepte, die eine Somatisierung von “Spannungen” oder “Störungen” über das NEI-System zeigen. Spannungs-Lösung verläuft rückläufig durch Freisetzung der “Lebensenergie”, “Bioenergie” oder “Orgons” aus bzw. mittels des NEI-Systems.

 

Da mit unseren dynamischen Arzneien keine direkte Wirkung (Typ I) möglich ist, kann nur der Effektorweg NEI beschritten werden, um Einfluß auf den Organismus zu nehmen. Wie noch zu zeigen ist, wird durch die homöopathische Arznei aber auch das hierarchisch übergeordnete, “immaterielle”, durch “dynamische Interaktionen” von Neuronen existierende System der Psyche beeinflußt.

 

Zurück zu Dr. Sankarans Aussagen zur Wirkungsweise “dynamischer” Arzneimittel auf einen “materiellen” Organismus ( 16 , S. 37):

         Er macht vier Organ-Systeme für diese Wechselwirkung verantwortlich: (P)syche, autonomes (N)ervensystem, (E)ndokrines System, (I)mmunologisches System, kurz “PNEI-Achse”.

         Eine Störung in der PNEI-Achse verursacht schließlich eine Störung im gesamten Organismus.

     “Dynamische” Arzeien müssen über diese Systeme wirken, da sie ja – “immateriell” – nicht direkt schädigend auf ein Organ einwirken können.

         Daraus ergibt sich, daß bei Arzneimittelprüfungen zuerst Symptome dieser Achse auftreten.

         Jede Person bringt eine bestimmte Organminderwertigkeit oder Krankheitstendenz mit, die sich erst bei Dysfunktion der PNEI-Achse manifestieren kann.

         Symptome (Dysregulationen) der PNEI-Achse nennt Dr. Sankaran “zentrale Störung”. Daraus resultierende Erkrankungen sind nicht nur von der Art der Störung abhängig, sondern auch von angeborenen oder erworbenen Tendenzen und variieren von Individuum zu Individuum.

 

Auch wenn die “Bryonia-Störung” eine starke Affinität zur Pleura aufweist, kann bei entsprechender Veranlagung des Patienten eine Bryonia-Thyreoiditis auftreten. Immer wird jedoch die Bryonia-Charakteristik “Verschlimmerung durch leichteste Bewegung” vorhanden sein (der Patient wird aus Schmerz nicht Schlucken können).

Dysfunktionen der PNEI-Achse

Rückschlüsse auf die Art der Dysfunktion können am leichtesten über Indikatoren der PNEI-Achse gewonnen werden wie z.B. (in Klammer das dysfunktionelle System):

      Modalitäten (Reaktion auf Hitze, Kälte, Lärm, Bewegung …) (N),

      Appetit und Durst-Verhalten (NE),

      Verlangen und Abneigungen (PNE),

      Schlaf und Träume (PN),

      Schweiß-Verhalten (N),

      Sexual-Verhalten und Menstruations-Charakteristika (E, PN),

        Infektionsneigung, Allergiebereitschaft (I).

      usw [4]

Auch eigentümliche (§153) Symptome sind meist direkte Hinweise auf PNEI-Störungen und fast immer finden sich Eigenheiten lokaler Erkrankungen in Übereinstimmung mit der zentralen Störung (einer Dysfunktion der PNEI-Achse). 

Zur Strategie der Mittelfindung

Um das Wesen einer zentralen Störung erfassen zu können, muß man daher vor allem deren Indikatoren, das sind Geistes/Gemüts-Symptome (GG-Symptome), die Allgemeinen-Symptome und die Charakteristischen Symptome, im Repertorium aufsuchen.

Erst dann und eher aus “Neugier”, werden wir nachschlagen, ob das gewählte Mittel auch die Lokal-Erkrankung beinhaltet ( 16 , S. 38).  Ausgenommen sind jene Mittel, bei denen zuwenig über die PNEI-Symptome bekannt ist und nur einige charakteristische Lokalsymptome bekannt sind.

Zur Mittelwirkung bei einer Arzneimittelprüfung

Während einer Prüfung produziert ein Mittel eine Vielzahl von Symptomen, Wahrnehmungen und Modalitäten im ganzen Körper, oft sehr deutlich und innerhalb von Minuten bis Tagen.  Sobald Symptome vorhanden sind, wird die Mittelgabe gestoppt. Daher können diese Symptome keine Pathologie repräsentieren, sondern nur die funktionelle Störung. Die Dyspnoe von Carbo-veg. in der Prüfung wird nicht durch linksventrikuläre Insuffizienz hervorgerufen, das Gefühl der Konstriktion von Cactus beruht nicht auf einer, für die Dauer der AMP verbleibenden, schnell auftauchenden, reversiblen ischämischen Kardiopathie; gleicherweise war wohl kaum ein Uterus-Prolaps innerhalb weniger Tage während der Sepia-Prüfung zu vermelden, sondern all diese Wahrnehmungen beruhen auf einer reinen nervösen Sensation und repräsentieren die funktionelle (zentrale) Störung.

Da homöopathische Mittel nur dynamisch wirken, müssen während einer Arzneimittelprüfung neben den lokalen Symptomen vor allem und zuerst auch Symptome des Effektors (PNEI) auftreten. Diese zentrale Störung ist unabhängig von individuellen Organ-Empfindlichkeiten der Prüfer und tritt daher bei jedem für das Mittel empfindlichen Prüfer in gleicher Weise auf (eine Natr.-mur. Störung muß immer eine Natr.-mur. Störung sein, auch wenn sie lokal wie eine Ign. Störung erscheint).

Das heißt, daß Indikatoren der PNEI-Achse bei einer Arzneimittelprüfung bei allen Prüfern gleichsinnig verändert werden [5] . Eine zwingende Folge dieses Gedankens ist die Feststellung, daß jenen Rubriken, die die zentrale Störung eines Mittels repräsentieren, relativ vollständig sind und auch bei weiterer Prüfung der Arznei kaum erweitert würden..

Die Organ-Affinitäten

Die sogenannten Organ-Affinitäten von Mittel haben nichts mit ihrer dynamischen Wirkung zu tun sondern sind Reminiszenzen ihrer toxikologischen Eigenschaften ( 16 , S. 39). So hat beispielsweise die Lokalirritation durch Cantharis viele Autoren dazu angeleitet, den Urethraltrakt als Einflußsphäre des Mittels anzugeben.

Potenziertes Cantharis enthält aber viel zu wenig Arzneisubstanz, um dort irritierend wirken zu können. Ein Effekt kann daher nur durch eine zentrale Störung des Geistes (P), somatisiert durch die drei Effektorsysteme (NEI) auftreten. Denn durch die Verdünnung (Potenzierung [6] ) verlieren Arzneien ihre toxikologischen und lokalen Eigenschaften und entwickeln statt dessen allgemein-dynamisch-funktionelle Wirkungen.

Ein Mittel, das den Gemütszustand und die Allgemein-Symptome abdeckt, nicht aber die Lokalsymptome, hat eine wesentlich größere Wahrscheinlichkeit zu heilen, als eines, das nur die Lokalsymptome beinhaltet und nicht die Geistes- und Allgemein-Symptome ( 16 , S. 48). Ein empirisch oft bestätigter Grundsatz der Homöopathie.

‘Potenzierte Arzneien haben keine physiologische Wirkung’

Homöopathische Arzneien sind potenziert und haben, – da sie keine Moleküle enthalten – keine physiologische Wirkung. So zeigt Digitalis in pharmakologischer Dosierung die bekannte Herz-Wirkung, nicht aber als Homöopathikum. Dynamisiert bewirkt es ZUERST ein zentrale Störung und anschließend – wenn eine Neigung zur Herzkrankheit besteht – wird es das Herz affizieren. Ist die Leber geschwächt wird diese erkranken, ist die Organschwäche auf der Prostata, wird diese gestört ( 16 , S. 37). 

J.T. Kent schrieb: Digitalis sei eines der besten Prostata-Mittel ( 9 ), jemand anderer, es sei ein gutes Mittel für Leber-Erkrankungen und Ikterus, ein dritter wieder, “Schwindel bei Hunger ist Digitalis” !

Zitat Sankaran ( 16 , S. 47): “[potenziertes] Digitalis ist aber weder Schwindel, noch Herzkrankheit noch Leber, noch Lunge oder Milz.

Digitalis, an Prüfern verabreicht, ist eine dynamische Störung.”

Würde ein Mittel weitergeprüft werden, erhielten wir noch viele, viele Lokal-Symptome aber nur mehr wenige zusätzliche PNEI-Symptome ( 16 , S. 48).

Hätten wir die Möglichkeit ein Mittel an sehr vielen Prüfern zu testen, wäre jedes Mittel in jeder Lokal-Rubrik zu finden [7] .

Kalium jodatum wurde nicht an Personen mit vorhandener Vitiligo-Tendenz geprüft, daher ist es nicht als Mittel dafür registriert.  Aber als es aufgrund von Geistes– und Allgemein-Symptomen eingesetzt wurde, heilte es.

Wenn ein Mittel einen klaren Gemüts- und Allgemein-Zustand (in Prüfern) bewirkt, kann man annehmen, daß es, wenn es an dafür prädisponierten Personen weitergeprüft würde, auch eine entsprechende Lokal-Erkrankung hervorgerufen hätte [8] .

‘Kent legte großen Wert auf die Nicht-Pathognomonischen Symptome’ ( 10 ), ( 16 , S. 49). Symptome, die nicht zur Pathologie gehören, müssen die zentrale Störung repräsentieren.

Boger lehrte, daß alle charakteristischen lokalen (“ungewöhnlichen”) Symptome zu verallgemeinern sind ( 5 , 15 ). Damit werden sie von der lokalen Erkrankung abgehoben und repräsentieren Allgemein-Symptome, also die zentrale Störung [9] . Auch Boenninghausen´s Concommitantes zur lokalen Pathologie ( 1 , 3 ) sind als direkte Hinweise auf die vorhandene zentrale Störung zu verstehen ( 16 , S. 49).

 

‘Lokale Eigenheiten repräsentieren die zentrale Störung und können daher verallgemeinert werden (Boger [10] ), und da die zentrale Störung im gesamten Organismus wirksam ist, finden wir ihre Auswirkungen gleichzeitig (concomitantly [11] ) auch in anderen Bereichen (Boenninghausen); am leichtesten erfassen wir sie jedoch, wenn wir den Geistes- Gemütszustand verstehen (Kent)’.

Es ist die zentrale Störung die behandelt werden muß und nicht die Pathologie !

Zusammenfassung

Dr. Sankaran bietet uns ein deutliches und verständliches Konzept der dynamischen Arzneiwirkung auf den materiellen Körper, deduziert und synthetisiert aus den Lehren der großen Empiriker und aktuellen schulmedizinischen Vorstellungen [12] zur Körper-Geist Problematik.

Gleichzeitig wird klar, daß bei Arzneimittelprüfungen vor allem die Charakteristika der dysfunktionalen PNEI-Achse, die er zentrale Störung nennt, verläßlich und reproduzierbar beobachtet werden, wohingegen lokale Symptome auch und vorallem von den pathologischen Tendenzen der Prüfer abhängen.

Letztendlich würde daher bei “vollständiger Prüfung” eines Arzneistoffes jedes Mittel in jeder Lokal-Rubrik stehen, dabei jedoch kaum neue PNEI-Rubriken erhalten, da diese in jedem empfindlichen Prüfer gleichartig sind. Dies legt den Schluß zwingend nahe, daß sich die Mittelwahl vorranging auf Symptome der zentralen Störung berufen soll.

Ausblick

In der folgenden Fortsetzung dieses Artikels werden wir uns mit der Dynamik der Krankheit und mit deren Behandlung auseinandersetzen, weiters mit der Natur der Pathologie. Vorallem aber soll das bisher präsentierte Konzept der zentralen Störung mit Hahnemanns Vorstellungen und Aussagen überprüft werden.

 

 

 

Literatur

1             Allen, T. F.            Boenninghausen´s Therapeutic Pocket Book, B.Jain Publ., New Delhi (Nachdruck 1990), Einleitung von T.F. Allen, S.10 ff.

2 .         Barthel, H.            Synthetisches Repertorium, Haug Verlag, Heidelberg 1973

3               Boenninghausen C. M. F. von            Therapeutisches Taschenbuch für Homöopathische Ärzte zum Gebrauche am Krankenbette oder beim Studium der reinen Arzneimittellehre, Nachdruck der Ausgabe 1846, LIETH Verlag, Hamburg 1991, Vorwort

4             Boger, C. M.             Addition to Kent´s Repertory, im Nachdruck bei Indian Book & Periodicals Syndicate, New Delhi

5             Boger, C. M.             Boenninghausen´s Characteristics and Repertory, im Nachdruck bei Indian Book & Periodicals Syndicate, New Delhi

6 .            Boyesen, G.            Über den Körper die Seele heilen , Kösel 1985

7               Dellmour, F.            Entwicklung der Potenzierung bei Samuel Hahnemann, HIÖ 3 (1992), S. 132-144

8             Gypser, K.-H.            Der Zustand der homöopathischen Materia Medica, KHZ 36 (1992), S. 3-10

9             Kent, J. T.            Lectures on Homoeopathic Materia Medica (1904), Nachdruck bei Indian Books & Periodicals Syndicate, New Delhi, S. 453

10           Kent, J. T.            Lectures on Homoeopathic Philosophy, (5th ed. Chicago 1954), Nachdruck bei Indian Books & Periodicals Syndicate, New Delhi

11 .       Lowen, A.            Bioenergetik, Rowohlt TB Verlag, Reinbeck 1965
            Der Verrat am Körper, Rowohlt TB Verlag, Reinbeck 1967

12 .       Mezger, J.            Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre, Haug Verlag, Heidelberg 1951 S. 1158

13 .       Reich, W.            Die Funktion des Orgasmus, Fischer TB Verlag, Frankfurt 1938
            Der Krebs, Fischer TB Verlag, Frankfurt 1971

14 .       Ringel, E., Kropiunigg, R.            Medizinische Psychologie, Facultas Verlag, Wien 1988 S.155 ff.

15               Sankaran, P.            Introduction to Boger´s Synoptic Key, The Homoeopathic Medical Publ., Bombay 1971

16 .            Sankaran, R..             The Spirit of Homeopathy, Eigenverlag, Bombay 1991

 

Anschrift des Autors:

Helmut Retzek (cand.med.)

Gablenzgasse 17/24

A-1150 Wien / Österreich

FAX (+43-1-) 9853068

 



[1] diese Arbeit versteht sich als zusammenschauende Literaturarbeit. Zitate aus ( 16 ) wurden auf ihre Richtigkeit in den Orginalquellen überprüft und diese referenziert. Sollte dies nicht möglich gewesen sein wird das Zitat durch Klammerung mit einfachen Anführungszeichen (‘…’) als nichtüberprüftes (Sekundär-) Zitat gekennzeichnet und auf die Sekundärquelle ( 16 , Seitenzahl) zurückgeführt. Diese Vorgangsweise wird für alle Artikel dieser Serie beibehalten.

 

[2] diese Aussage wird verständlich im Wissen, daß sich der Großteil aktueller indischer homöopathischer Literatur auf Leitsymptome beschränkt

 

[3] ein faszinierendes Dokument der Entdeckungs- und Entwicklungsreise eines immer wachen, beobachtenden und forschenden Geistes finden interessierte Leser in Gerda Boyesen, Über den Körper die Seele heilen, Biodynamische Psychologie und Psychotherapie ( 6 ), wo grundlegende Erkrankungs- und Heilungsgesetze empirisch “wiederentdeckt” und in einfacher Diktion der Psychologie formuliert werden.

 

[4] es handelt sich offensichtlich um jene Rubrik-Gruppen, die in den 3 Bänden des Synthetischen Repertoriums ( 2 ) zusammengefaßt sind

 

[5] eine Aussage, die der Autor als AMP-Leiter vollinhaltlich bestätigen kann

 

[6] ein äußerst interessanter Beitrag zur Entwicklung der Potenzierung bei Hahnemann siehe Friedrich Dellmour ( 7 ). Kurz: Hahnemann empfahl ab 1835 alle Arzneirohstoffe bis zur C3 zu triturieren und gab das Potenzieren aus Urtinkturen bzw. Lösungen auf.

 

[7] zB. die Symptome von Platin wurden vorallem an nur einer einzigen Prüferin erhoben ( 12 , S.1158)

 

[8] kann man diese Aussage anerkennen, relativierten sich in gewisser Weise die derzeit unternommenen Versuche einer endgültigen, genau dokumentierten und referenzierten “kompletten Enzyklopädie aller Prüfungssymptome” (wiewohl das Ergebnis dieser Arbeit dringend erwartet wird) ( 8 ).

 

[9] sowohl im Vorwort von Boger´s Synoptic Key als auch in der Einleitung zu Boenninghausen´s Therapeutisches Handbuch wird diese Vorgehensweise als wesentlich für die Mittelwahl bezeichnet. Weiters basieren das Repertorium von Phatak und schließlich das Repertorium von P. Sankaran, dem Vater von Rajan Sankaran, darauf.

 

[10] Rajan Sankaran weist auf den Vorteil dieser Technik hin bei den sogenannten “Small Remedies”, die meist nur als spezielle Lokal-Mittel eingesetzt werden. Berberis vulgaris mit Schmerz, von einem kleinen Punkt radiär ausstrahlend wird fast ausschließlich bei Nierenerkrankungen angewendet, obwohl diese, die zentrale Störung charakterisierende Eigenheit bei anderen Leiden mit solcher Schmerzcharakteristik sehr hilfreich sein könnte ( 16 , S.76).

 

[11] Rajan Sankaran betont diesen Punkt ( 16 , S.75) als besonders kennzeichnend für die zentrale Störung, da es sich um reine nervöse Sensationen handeln muß.

 

[12] konzeptuelle Übereinstimmung mit der NLP wird im Teil 4 (Delusion) behandelt.

publiziert: Rajan Sankaran und die Situational Materia Medica – eine Einführung, Teil 1; AHZ; 239; 3/94; 100

 

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