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die medizinische Revolution beginnt

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Revolutionen kommen plötzlich, oft unvermutet und für Beobachter aus dem Nichts. Siehe die Umstürze in Tunesien, Egypten usw. Für die Eingeweihten wird es wohl klar gewesen sein, dass sich hier ein grosses Potential an Unzufriedenheit anstaut, schliesslich gross genug um die Angst vor Strafen und Sanktionen – die den Einzelnen systemtreu halten –  “gemeinsam” zu überwinden und das System wegzuwischen.

In der Medizin bekomme ich ein ähnliches Gefühl, wenn ich mit meinen fast 50 Jahren die Entwicklung dieser Zeit beobachte und zusammenfasse: wir stehen am Beginn einer Trend-Änderung, eines Wechsels, einer “Revolution” – oder sind wir schon mitten drinnen?

 

der Patient wird zum Behandler

in den letzten 15 Jahren wurde es fast “üblich”, dass Patienten, wenn sie eine schwere gesundheitliche oder Lebens-Krise überstanden hatten, in den Gesundheits-beratenden Bereich abgewandert sind.

Wieso? Es ist frappierend: Patienten liegen auf Intensivstationen, werden von vielen Ärzten und Krankenschwestern umsorgt und mit höchstem Kostenaufwand gepflegt – aber sie meinen rückblickend gesund geworden zu sein, weil ihre Mutter/Schwester/Gatte… in der Verzweiflung einen Heiler aktiviert haben, welcher eine Fernheilung vollzogen hat. Das gesamte umfangreiche technische System wird nicht als hilfreich oder lebensrettend eingeordnet, nein, in der Innenschau des Patienten war der Heiler der “an diesem Abend seine Energien geschickt hat und dann ist es aufwärts gegangen” das heilende Medium!

Ich weiss nicht wie oft ich dies schon gehört habe in meiner Praxis, in dieser oder ähnlicher Form.

Diese Abstrusität der Wahrnehmung hat durchaus Methode: Patienten fühlen sich im System nur noch als Symptomträger und Befund-Auslöser. Symptome werden vermindert und Befunde gebessert, und “den Patienten” geht es auf ihrer individuellen Basis oft nur mässig besser. Es wurde eine Störung (die Krankheit) durch eine andere (die Nebenwirkungen) ersetzt und sie müssen erkennen, dass – sobald sie die Behandlung (Medikamente) absetzen, kommt die ursprüngliche Störung wieder heraus, oft ärger wie zuerst.

Typisch: Neurodermitis und Cortison, Rheumatische Krankheiten, MS, schwere Depressionen und Psychosen, Krebserkrankungen ….

Der Wechsel der Erwartungshaltung

Patienten gehen mit der – für uns Ärzte oft naiven Einstellung – an die Behandlung heran, “dass sie nach der Behandlung gesund sind!”, nicht wissend, dass wir für fast alle chronischen Störungen in unserer wunderbaren Schulmedizin nur Symptomenkontrolle und keine Heilungen anbieten können.

Bis vor 15 Jahren war dies OK: man nahm sein Medikament, freute sich über die Besserung der Symptome und akzeptierte Krankheit wie Nebenwirkungen geduldig und als “Bürde, welche das leben auf uns legt”.

Hier kam es zum Paradigmen-Wechsel: Patienten fordern mehr und mehr “Heilung” – sind auch bereit hier Geld oder Engagement einzusetzen, wollen Ursache wissen um zu lösen, wollen wieder “ganz gesund sein”.

Wir – Mediziner – bieten ihnen noch gefinkeltere Symptomen-Kontrolle – mit verringerten Nebenwirkungen – an.

Des Mediziners Bibel: randomisierte Studien

Wir – Mediziner – agieren hier auf der Basis unseres Textbook-Wissens, welches v.a. EVIDENCE-BASED ausgerichtet ist, Mass aller Dinge sind die Plazebo-kontrollieren randomisierten Doppelblind-Studien, da nur diese “individuelle Unterschiede durch Einfluss des Behandlers und des Glaubens und des Klienten-Gutes eliminiert” und wir nur so echt objektive Hinweise über Wahrheit eines Therapieverfahrens statistisch gesichtert und signifikant bekommen. Nur so können wir unterschiedliche therapeutische Vorgehensweisen gegeneinander vergleichend objektivieren.

Richtig – so können Therapien objektiviert werden – unabhängig vom “Klienten-Gut”.

Der Klient ist jedoch individuell

Unserer Patienten sind eben nicht “normpatienten” wie wir sie in den randomisierten Gross-Studien statistisch erreichen, sondern individuell völlig unterschiedlich.

Erste Ansätze einer individualisierung der Medizin sehen wir nur indirekt reinschlüpfen über Genetik und genetische Ansätze in der Präventiv-Medizin und der Onkologie, dort nach meiner Meinung nach jedoch behindert wohl von der profitierenden  Grossindustrie, denn die Technik einer individualisierten Onkologie ist viel freier verfügbar und relativ simpel und billig, wird in der Praxis jedoch nur sehr zögerlich für nicht angewendet) – und der Onkologie.

 

 

 

der Arabische Frühling in der Medizin

Bei den Patienten sehe ich den Trend zur Emanzipation in Gesundheitsfragen seit ca. 15 Jahren – dies hat nach meiner Beobachtung ca 1995 begonnen.

Bei den Ärzten beginnt dieser Trend zum kritischen Abrücken vom Dogmatischen Fachwissen seit etwa 3 Jahren, etwa 2008 haben Kollegen bei div. Meetings und Seminaren begonnen kritisch die eigenen Positionen zu Hinterfragen und nach “mehr” zu suchen. 

Eindrucksvoll für mich die Diskussion zwischen zwei Oberärzten bei einer medizinischen Fachfortbildung: “…. seit 15 Jahren haben sich die Kosten, die wir produzieren, potenziert – mit nur geringem oder keiner Besserung der Gesundheit und der Lebensqualität ….”.

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