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Geriatrie-Artikel HZ II/2001

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Publiziert in der Homöopathie-Zeitschrift II/01, S63-74

Homöopathische Therapie alter Menschen: manchmal beeindruckende Erfolge

von Dr. Helmut B. Retzek

 

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Das Thema Geriatrie in der Homöopathie [1] stellt sich für mich in der täglichen Praxis nicht augenscheinlich, denn wir analysieren optimalerweise jede Krankheit bei jedem Patienten unabhängig von Alter und Hintergrund mithilfe des Similegesetzes[2]. Die Auswahl der uns zum “heilenden” Mittel führenden §153 Rubriken ist jedoch sehr wohl von Konzepten wie Miasmatik, Mental-State, einseitige Krankheit u.a. mitbestimmt. Überlegungen, die u.U. gerade bei alten Patienten mit seinem Konglomerat vieler Symptome in besonderer Art und Weise mit hineinspielen.

Laut meines Praxisprogrammes liegt das Durchschnittsalter aller 2300 bisher aufgenommenen Patienten bei 33 Jahren, ich durfte bisher etwa 120 über-70-jährige aufnehmen.

Ich habe nun versucht diese „geriatrischen Patienten“ gedanklich Revue passieren zu lassen und rückblickend eine Art (relative) Gruppierung der Kasuistiken nach unterschiedlichen Gesichtspunkten vorzunehmen[3]. Diese Einteilung könnte hinsichtlich des Schwerpunktes der Auswertung und Prognose von Interesse sein. Ideen werden ja durch bestimmte “Schlüsselfälle” geweckt und ich werde einige derartige Fälle zitieren um die von mir zur Diskussion gestellten Thesen in ihrer Praxisrelevanz zu verdeutlichen[4]. Schliesslich möchte ich noch gerne meine Beobachtungen im Umgang und “Führung” alter Menschen mitteilen.

 

Welche alte Patienten betreten nun die Praxis:

1. Patienten, die fast immer gesund waren

Dieser Patient hat einen Arzt nur alle paar Jahre gesehen, selbst im Alter. Er war immer leistungsfähig, lebensfroh, ist sozial gut integriert, hat meistens warmherzige Angehörige, die an seiner Gesundheit interessiert sind, sich auch zur Anamnese reinsetzen  und um die Nachbetreuung kümmern. Diese Begleiter sind während der Anamnese von grosser Wichtigkeit, da sie oft vieles beitragen, an das sich der Alte nicht erinnert, es verklärt oder verdrängt, ihm keine Relevanz beimisst, da es ja „50 Jahre her ist“ oder er meint „das ist normal, daran leide ich schon immer“. Hier sah ich eigentlich nur folgende Fälle: 1.1) zunehmendes Organversagen aus Altersgründen, 1.2) reaktive Störungen, meist als Folge des Verlustes von Partner oder Kind, und 1.3) das Alterskarzinom.

 

2. Patienten, die Träger einer chronischen Störung sind

werden meistens von einem Angehörigen, interessanterweise oft von einer Schwiegertochter oder einem Enkel gebracht, sitzen auch öfter alleine bei mir herinnen.

Hier unterscheide ich die 2.1) (infektions-miasmatische) Störung (siehe ausführliche Fußnoten weiter unten) und 2.2) das „Lebensthema“. Beim Gross der Patienten liegen aber sicher 2.3) eine miasmatische Prädisposition verstärkt durch ein ungelöstes Lebensthema vor.

 

ad 1.1  „gesunde“ Menschen am Ende ihres Lebens

Hier entsprechen Erkrankungen im wesentlichen den zunehmenden altersbedingten Schwächen einzelner Organe. Wenn keine durchdringende Phosphor-Störung auf allgemeiner Ebene da war, sondern nur ein „phosphorischer Charakter“ bei einem „immer Gesunden“ und jetzt – mit 93 Jahren – das Herz die magische Grenze von 800 Millionen Schlägen erreicht hat und wie vorherbestimmt den Dienst versagt, wird das „Konstitutionsmittel[5]“, so wir dies bei einem derartigen Patienten überhaupt postulieren können, keinen eindrucksvollen Erfolg erzielen, wenn es nicht GLEICHZEITIG ein besonders bewährtes Mittel für eben derartige Organschwächen ist[6].

Das Konstitutionsmittel eliminiert auf grundsätzliche, übergeordnete Weise eine Störung der Regulation des Organismus, wir stimmen es ja auch auf die „Allgemeinsymptome“ (Temp, Schweiss, Verdauung …) ab. Der „gesunde“ Alte litt bisher kaum an derartigen Störungen, daher ist das “Mittel der Konstitution” oder des Mental-States bei diesen Patienten mit isolierten Organschwächen nicht mehr automatisch die beste Therapie. Hier benötigen wir manchmal eine „Krücke“, eine organspezifische Stütze, was wir in unserer Sprache ein „palliierendes Mittel“ bezeichnen. Dieser Zustand ist am ehesten vergleichbar mit fortgeschrittenen „einseitigen Krankheiten“ (§172 ff), bei denen sich die Lokalpathologie soweit von der Lebenskraft entfernt hat, dass wir mit dem optimalen Mittel für die Konstitution kaum mehr Effekt auf das lokalisierte Geschehen finden[7]. Natürlich versuche ich immer zuerst das Mittel für die Totalität [Kent] zu finden, muss aber dann immer wieder entsprechend §176 auf die Lokalsymptome hin verschreiben. Tatsächlich war ich schon oft erstaunt über die manchmal fantastischen Effekte eines banalen „Rademacherschen Organmittels“, welches ich in meiner Anfangszeit nach „bewährter Indikation“ öfter verabreicht habe. Hier kann noch vieles für die Lebensqualität getan werden.

Case ausgebrannte Leberzirrhose

Ein Beispiel für „Organmittel“ aus meiner Anfängerzeit: 65j Patient wird von mir als Notarzt in die Klinik eingewiesen: Präcoma hepatikum bei ausgebrannter ethylischer Leberzirrhose, Zustand nach 2 x Ösophagusvarizenblutung, es werden 18 Liter Aszites abpunktiert, Child C mit schlechter Prognose. Aus der Klinik kommend sucht er mich in meiner frisch eröffneten Ordi auf. Ich gebe damals Card-m., Lyc, Ver-o und Urtika als Tee, weiters Nux-v, Cholesterinum und Leptandra in niedrigen Potenzen, (weil er mir von fast bedrohlich cholerischem Habitus erschien), ausgehend von den Rubriken Leberzirrhose und Teerstuhl, sowie Selen und Antioxidantien. Zwei Jahre später sucht er mich erneut auf: die Zirrhose ist sonographisch nicht mehr nachweissbar, die Leberwerte normal, er „fühle sich gesund und bestens“, kann alle Arbeiten erledigen. Dieser Fall hat mich sehr beeindruckt und zum Nachdenken über „das Simillimum“, welches bis ins Karma hinein heilt, bei schweren Organpathologien angeregt.

Wenn man ein „bewährtes Mittel“ für einen Schwächezustand eines Organes findet, welches allen Modalitäten gut entspricht, kann man durchaus auch höhere Potenzen mit gutem Effekt geben, ich nehme dann die C30 oder eine C200. Bei Arzneimitteln, die gut der Totalität der Symptome angepasst worden sind, gebe ich durchaus eine XM. LM-Potenzen geb ich wegen ihrer schwierigeren Steuerbarkeit[8] bei alten Menschen zurückhaltender.

Case: der demente Guru

Dr. Ramakrishnan, Madras erzählt (in Graz 1997) von einem indischen Guru, der von vielen verehrt auf einer Bergspitze zubrachte um dort die zahlreichen Besucher zu segnen. Als er 70 Jahre alt wird, verfällt er geistig, erkennt niemanden mehr, verliert schliesslich sogar Harn und Stuhl. Dr. Ramakrishnan[9] gibt ihm Barium-muriatikum 200 [bewährte Indikaton] einmal pro Monat und der Guru kann noch weitere 20 Jahre segnen.

Case: der aktive 80 jährige

Herr D., 1922 hat es satt, dass er immer nur irgendwelche Spritzen wegen seinem Kreuzweh bekommen soll, die machen ihn nur krank. Er fühlt sich geschwächt, er kommt seinem Freund, der im selben Alter trotz 2 Hüftoperationen immer noch 100km täglich radelt nicht mehr nach, nach 70km wird er müde. Das ärgert ihn. Er führt exakte Aufzeichnungen über seinen Blutdruck. Vor 30 Jahren hatte er einen Herzinfarkt nach Stress mit seiner Chefin, einmal war er auch wegen Kreuzweh auf Kur, sonst immer gesund. Heuer im Frühjahr Kreislaufprobleme, hat vermehrt Extrasystolen. Sepia 200 [Konstitutionsmittel]. Rückmeldung nach 1 Monaten: geht sehr gut, hat auch alle Herzmedikamente abgesetzt.

Ein weiteres Monat später nach mehrstündigem Jäten im Garten wieder ausgeprägte Lumbalgie mit Ausstrahlung bis in die Waden. Er hatte das schon einmal, damals lange gedauert mit vielen Spritzen. Es waren bestimmten Modalitäten, die mich bewogen, eine Gabe Berb 200 [Lokal-Mittel] zu geben. Schon eine halbe Stunde später viel besser, 2 Tage danach und seither beschwerdefrei.

 

ad 1.2 der „gesunde“ Mensch verliert seinen geliebten Partner

Vermutlich wird das beim „gesunden“ Alten meistens gut überstanden, zu mir kommen ja nur jene Patienten, die im Rahmen dieser Krise symptomatisch werden. Depression und/oder Hypertonie sind häufige Folge. Ign. und Nat-mur., Kali-mur. [bei stämmigen, pflichtbewussten Bauernfrauen] oft wunderbare Mittel, der Blutdruck normalisiert sich meist nach der ersten Gabe. Die Familie ist dankbar, die weitere Behandlung bleibt ebenfalls oft „situativ“, meistens übers Telefon, d.h. mit Mitteln wie Staphisagria, Ignatia, Nat-mur oder „Scholten-Arzneien“, die immer rasch helfen – der Patient war ja immer gesund und es sind keine ordentlichen §153 oder objektiven Gemütssymptome da um eine gute „konstitutionelle Verschreibung“ zu machen.

 

ad 1.3 der „gesunde“ Mensch erleidet ein Alterskarzinom

das sind jene Fälle, deren Ursache ich nicht klar sehen kann, vielleicht Spätfolgen einer Arbeitsplatzbelastung oder genetischen Schwäche. Hier kommen oft auffallend viele Verwandte zur Anamnese mit. Ohne fortgeschrittene Metastasierung ist das Behandlungsergebnis gut.

Case Metastasiertes Melanom

mein Chirurgie-Ausbildungsassistent fragte mich, als ich noch in den praktischen Jahren in der Klinik war (wir haben 3 Jahre in Österreich), ob ich nicht für seine Mutter eine Behandlung „so was wie Selen und Mistel und so …“ zusammenstellen könnte. Die 87 jährige Patientin litt an massivsten Atemnot-Attacken, vor allem in der Nacht. Nach einem Diagnosemarathon fand man schliesslich, dass die diffuse Totalverschattung der Lunge nicht die vermutete Miliar-Tuberkulose, sondern von eine diffusen Metastasierung der Lunge, ausgehend von einem kleinen akralen Melanom der Zehe, herrührte („Tapetenkrebs“). Sie hätte vielleicht noch einige Wochen zu leben. Ich habe weder vorher noch nachher ein Röntgenbild gesehen, wo die Lunge so gleichmässig totalverschattet war, dass man sie weder vom Herz noch überlagerten Knochenstrukturen abgrenzen konnte.

Die Mutter meines damaligen Chefs war gross und knochig, grauer Teint der Haut, weisse Haare, ungebeugt und kraftvoll, wie eine starke Bauersfrau, überaus humorvoll, intelligent, interessiert, sprach weise und zufrieden über ihre Söhne, über Tagespolitik, legte Patiencen, schaute TV. Sie war um 17h, den Zeitpunkt meines Besuches, nur wenig dyspnoisch, berichtete aber von massiver Atemnot in der Nacht, Schwerpunkt 1 Uhr, sie bekäme dann grosse Angst und musste für einige Stunden hin und her wandern. Stuhl kam nicht mehr freiwillig. Wir lachten viel zusammen.

Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich noch kein so differenziertes Konzept der Therapie von krebskranken Patienten, hielt mich an Eli Jones „eklektischen Ansatz“ und gab daher neben dem klar indiziertem Arsen (C30 2×1 Globulus pro Tag) noch Strych-sulph D4 vor jedem Essen, Lobelia- und Alfalfa-Tinktur, natürlich auch Selen, Mistel und Thymus D2 per Injektion. Das Ergebnis war beeindruckend. Bereits bei meinem Kontrollbesuch einige Tage später meinte sie, dass grosse Mengen Stuhl abgegangen wären, seither würde der Darm gut funktionieren und sie hätte Appetit. In der Nacht schliefe sie jetzt durch und es ginge ihr recht gut. Atemnot trat nicht mehr auf.

Ich konnte dem nichts hinzufügen, wir reduzierten auf Arsen D12, die „Spritzerei“ hat sie weiters verweigert und es ging ihr etwa 6 Monate lang recht gut mit dieser Therapie, ich besuchte sie immer seltener um dann schliesslich gar nicht mehr zu kommen. Dann wurde ich vom Sohn verständigt, ob ich die übriggebliebenen Ampullen abholen wollte. Der Mama wäre es bis zum Schluss recht gut gegangen, sie hätte bis 2 Tage vor ihrem Tod Patiencen gelegt und sich für Tagespolitik interessiert, erst in den letzten zwei Tagen Sauerstoff genommen und in der Nacht ihres Sterbens hätte er die einzige Ampulle Morphium gespritzt. Ihm schien das alles ganz selbstverständlich.

 

ad 2. der chronisch Kranke

Einleitung: die chronische Krankheiten in ihrer individuelle Entwicklung

Bei oder kurz nach der Geburt auftretende Störung sind „hereditär-miasmatisch[10]“ [Risch/Laborde]. Muttermale, Storchenbiss, einer kleinen Missbildung, Störungen der Verdauung oder eine frühzeitig auftretende erhöhten Infektanfälligkeit sind objektive Hinweise auf eine entsprechende Belastung. Schlafstörungen der Säuglinge haben – nach meiner Erfahrung – eher systemische Ursache[11].

In den ersten Lebensjahren tobt sich die ererbte miasmatische Störung[12] am häufigsten in Infektionskrankheiten aus, dann „wächst sich das langsam aus“. Dazu treten Probleme aus der Familiendynamik die sich schliesslich im Patienten als Delusions manifestieren. Ab dem 12-15 Lebensjahr tritt bis 35 ein „Latenzstadium“ ein[13], da sind die meisten Patienten beschwerdefrei[14] und kümmern sich ausschliesslich um ihre eigentliche biologische Bestimmung[15]. „Wenn die Kinder aus dem gröbsten heraussen sind“ meldet sich die chronische Störung wieder und begleitet jetzt episodenhaft, von mal zu mal stärker auftretend, das Individuum bis zum Tod. Wir haben es also bei den Problemen des alten Menschen um eine jahrzehntelange, u.U. bereits lebenslang vorhandene Störung zu tun. Die Schwierigkeit liegt nun in der Differenzierung der einzelnen Fäden, was ist „angeboren“, was ist Mental-State bzw. systemisch.

 

ad 2.1. chronische Krankheit hereditär miasmatischen Ursprungs

Hereditär miasmatische Belastungen können zu chronischen Krankheiten führen ohne notwendigerweise einen entsprechenden (gleichsinnigen) Mental State mitverursachen zu müssen (!!). Dies sieht man v.a. daran, dass sich die Symptome der chronischen Krankheit bei völlig unauffälligem oder widersprüchlichem Gemütszustand abspielen[16]. Verschreibungen die hier vor allem auf den Gemütszustand durchgeführt werden, wirken hier oft nur palliativ. Der folgenden  Fälle sollen das verdeutlichen.

Case: Akuter Besuch – Pyelonepritis – hereditäre Sykose

die Patientin eines bekannten Kollegen (er verschreibt ausschliesslich nach Mental State) kommt akut zu mir wegen ihrem 13j Sohn – ebenfalls seit Jahren bei meinem Kollegen wegen Minderbegabung in Behandlung (er wird seit Jahren mit div. Barium-Salzen behandelt). Ihr Sohn ist hier vor Ort mit massiver Pyelonephritis im Spital, spricht nicht auf die Antibiotika an. Ich erschrecke fast: ihre ganze linke (syk) Körperhälfte ist mit dunklen, bis zu pfenniggrossen Naevi (syk) übersäht, links parietal hat sie ein Nest von 3-5 Atheromen am Kopf. Die Atherome und Muttermale haben ihren Homöopathen noch nie interessiert, meint sie, sie werden successive mehr und sie ist verwundert, dass ich sie schon während der Begrüssung drauf anspreche und eine vermutlich hereditär- sykotische Belastung der Familie in den Raum stelle. Später treffe ich ihren Sohn, der seine akute Krise gut mit Arsen, dann Sulphur überstanden hat: er ist ebenfalls voller grosser Naevi (syk). Später übernehme ich ihre Tochter in Therapie, die wegen Aplasie nur eine Niere hat (syk) und an rez. HWI leidet. Deren Sohn wiederum kommt mit beiderseitiger Hydronephrose (syk) fortgeschrittenen Grades auf die Welt. Hier sieht man schön das chronische Miasma, wie es durch die Generationen wandert, überall seine Spuren hinterlässt.

Case: schwerste PAVK

Fr. D ist 1921 geboren. Mit sehr viel Mühe wird sie in meine Ordi gebracht, sie leidet unter schwerer peripherer arterieller Verschlusskrankheit (Schaufensterkrankheit), daher verlässt sie ihre Wohnung nur einige Male pro Jahr, denn sie kann kaum 5-10 Schritte gehen, wohnt aber im 5ten Stock eines Hauses ohne Lift, muss ins Auto getragen werden. Mental völlig unauffällig, sehr offen, freundlich und lieb. „Phosphor-Typ“. Als Hausfrau keine auffallenden Belastungen mit Giften in der Biographie, vermutlich genetische Schwäche des antioxidativen Systems.

Ich gebe ihr Aur-ars D12 täglich (Indikation siehe weiter unten). Nach einigen Monaten kann sie bereits 2 Stockwerke gehen, nach einem halben Jahr kann sie ohne Pause alle 5 Stockwerke gehen und ist mobil.

Case: „idiopatische“ universelle Aneurysmen

dieser Patient ist zwar erst 40 Jahre alt, aber ein Musterbeispiel für diesen Abschnitt. Glücklich verheiratet, beruflich integriert und zufrieden wird plötzlich der Fuß weiss. Aneurysma der Arteria Femoralis, als Nebenbefund ein weit ausladendes Aneurysma der Aorta abdominalis. Der Fuß wird amputiert und wegen Heilungsstörungen nach mehrmaligen Nachamputationen schliesslich in der Hüfte enukleirt. Er kommt jetzt wegen – selbst unter 600mg Morphium – unerträglicher Stumpfschmerzen. Mit Aconitum XM die Schmerzen in wenigen Stunden um 90 Prozent besser, nur mehr nächtlich. Die verbliebenen Symptome, v.a. das syphilitische Miasma weisen auf Nit-Ac bei einem diesbezüglich völlig unauffälligen Gemütszustand! Nach 1 ½  Jahr Nit-Ac in steigenden Q-Potenzen kommt es – bei gutem körperlichen und seelischem Allgemeinzustand zum Wechsel des aktiven Miasmas: die vormals nächtlichen Restschmerzen sind jetzt am Tag, Wechsel von Nit-Ac (syph) auf das durch die Symptome jetzt besser indizierte Sepia (sykot). Das Aorten-Aneurysma hat sich stabilisiert, der Chirurg hat dzt. von einer OP abgesehen. Seine Schwester wurde in diesem Zusammenhang untersucht und mittlerweile an dem dabei zufällig entdeckten Bauchaortenaneurysma operiert.

Klarer Fall eine tief hereditär-miasmatischen Störung – ohne entsprechendes Gemüts-Bild, Fall noch im Laufen, befriedigendes Ergebnis.

 

 

ad 2.2. chronische Krankheit als Folge eines klaren Mental States

Ursache ist – ausgenommen starke Schocks (World Trade Center …) immer systemische Belastungen: diese führt im heranwachsenden Individuum zum „Lebensthema“, dem „Mental-State“, der „Delusion“. Derartige Störungen es Mental-States haben genau wie die infektiös-miasmatischen Störungen die Tendenz an die nächste Generation weitergegeben zu werden[17]. Hier benötigen wir zur erfolgreichen Behandlung vorallem einmal richtige Mittel für den Mental State, besonders beim alten Menschen, bei dem nichtbearbeitete States sich oft schön in entsprechenden körperlichen Pathologien manifestieren. Wenn man in diesen Fällen beim alten Menschen auf die zahlreichen körperlichen Symptome und vielfältigen Allgemeinsymptome verschreibt, wird man oft nur mässige Besserung erfahren. Trifft man aber den Mental State, gibt es eine schlagartige und anhaltende Besserung. In diese Gruppe von Patienten fallen wohl die meisten in den Zeitschriften publizierten Kasuistiken, die mit einem kleinen Mittel eine anhaltende „Wunderheilung“ beschreiben[18].

Die Störungen sind im mittleren Alter vorwiegend funktioneller Art, beim alten Menschen tropfen sie langsam in den Körper herunter und führen sehr wohl zu ganz tiefgreifenden Pathologien, die manchmal in typischer Weise ein bestimmtes Organsystem befallen (siehe Fußnote 6 ).

Case: chronisch rezidivierende Cholangitis

Fr. A, die 1919 geborene Patietin kenne ich noch aus meiner Krankenhaus-Zeit, dort lag sie wegen rezidivierender Cholangitiden mit septischen Fieberschüben (!) mit Unruhe, starkem Frost….. Sie war groß, stattlich, humorvoll, freundlich, intelligent, hilfreich, bemüht.

1998 sucht sie mich in meiner Ordination auf. Täglich um 15h Schüttelfrost, enormstes Kältegefühl. Bei Aufregung: Zittern, Übelkeit, Angst & Panikgefühle, alleine der Gedanke etwas zu unternehmen löst Herzschmerz aus. „Ärger über Vergangenheit“ – ein Stichwort genügt, löst den ganzen Zustand aus (sie sagte mir damals nicht worüber). Mit den Rubriken Dwells on past events, Frost 15h, Schüttelfrost, Periodische Krankheit gab ich ihr Staph LM6. Keine Rückmeldung. Nach einem Jahr kommt sie erneut: wegen mehrmals wöchentlicher Frostanfälle, Staph wohl nichts geholfen. Sehr penibel, wäscht täglich 5x die Küche auf. Bekommt aufgrund der Repertorisation der akuten Frostsymptome Arsen C30 was sich als gutes Palliativum erweist, damit kann sie die Frostanfälle coupieren, diese kommen aber weiterhin. Beim nächsten Besuch erzählt sie endlich ihren Groll: Ihr Nazi-Mann bekam nach Ende des II.WK Berufsverbot, sie verloren die Dienstwohnung, sie musste zu den Eltern heim, der Vater hat sie abgelehnt. Ärger auf die Vergangenheit, dass „anständige Nazis“ bestraft wurden, die heutigen Soldaten (Gulf War) aber Helden sind. Mit Anger; past events / Mortification / Consciencious und guten Allgemeinrubriken gab ich ihr voller Vertrauen Sepia mit etwa 50% Verbesserung, kaum mehr Frostattacken. Das Gesicht war inzwischen zu 70% (!!!) mit grossen Leberflecken (Naevi) bedeckt. Weitere Sepia-Gaben besserten nicht mehr. Eine erneute Überprüfung des Case ergab mit folgenden eliminierenden Rubriken: Mortification / Dwells / Chill, periodicity; hour same / Skin; discolor; brown; spots das Mittel Lyc. Nach der ersten Gabe Lyc XM war der Frost weg und die Leberflecken begannen sich zurückzubilden, Lyc XM wiederholt, dann die Lyc CM: Leberflecken alle verschwunden, ein Spinaliom am Ohr ist verschwunden, Kreislauf ist gut, ärgert sich aber immer noch über Kriegsbilder im TV.

Ganz deutlich sieht man an diesem Fall die Vorherrschaft des Gemütszustandes. Weiters lässt er die schwierigen Anamnesebedingungen mit einer 80 jährigen erahnen, es ist nicht leicht in der geplanten Zeit der schwadronierenden Oma brauchbare Symptome zu entlocken, das Thema ist weder prototypisch für Sepia noch für Lyc. Insgesamt gelingt es aber meistens, auf ein gutes Mittel zu kommen (alle Muttermale verschwunden ist deutlich genug).

 

maligne Hypertonie

Pensionierte Köchin eines (Frauen-) Klosters. Hypertone Krisen, die nahezu therapierefraktär sind, Blutdruckwerte bis zu 260/140, der Ruheblutdruck unter mehrfach-Medikation selten unter 180/120. Es hat verschiedene Vorfälle bei ihrer Pensionierung gegeben, die sie in einen tiefen Groll gegen die Kloster-Leitung eingenommen haben, wohl in der Übertragung eines Grolls auf die Schwiegermutter. Mit Ammonium-muriatikum XM [Scholten] innerhalb von 24 Stunden normale Blutdruckwerte. Am-mur noch einmal wiederholt. Seither keine Therapie mehr notwendig. Nachbeobachtungszeit 2 Jahre.

 

Derartig dramatische „Wunderheilungen“ habe ich nur in dieser Gruppe von Patienten erlebt.

 

ad 2.3. chronische Krankheit hereditär-miasmatischen Ursprungs mit Mental State

Die Mischform, die Mehrzahl der Patienten sind in dieser Gruppe. Hinsichtlich des therapeutischen Vorgehens kann ich noch immer kein „sattelfestes“ Konzept anbieten. Wenn ich in solchen Fällen der Gemütszustand klar erfassen kann aber das Mittel die Totalität nicht optimal abdeckt, verschreibe ich zuerst auf den Gemütszustand. Bei Besserung der subjektiven Befindlichkeit verbleiben meist immer genug chronische Symptome, die sich durch weitere Gaben des Mittels nicht optimal verbessern und oft eines oder mehrerer Antipsorika bedürfen, oft erst nach einer gewissen Latenz, nach der die Lebenskraft bemüht ist neue wahlanzeigende Symptome zu produzieren. Oft ist das Mittel einfach nicht deutlich, v.a. weil das wirklich charakteristische des Falles im Wust der Symptome unklar und manchmal erst in der Zusammenschau mehrerer Konsultationen zu finden ist[19]. Vermutlich fällt der Fall „Cholangitis“ von oben unter diese Rubrik.

 

Einschub: Konstitutionsmittel vs. verselbstständigte Lokal-Krankheit

Hier generalisiere ich jetzt die Erfahrungen mit Krebs-Patienten auf den alten Menschen: wenn das Mittel der Totalität mit dem Mittel für die fortgeschrittene einseitige Krankheit (§176) übereinstimmt (zB mit den Schmerz- und anderen Symptomen eines Karzinoms), bedeutet das, dass die Lokalpathologie in ihrer Dynamik noch nicht von der allgemeinen Lebenskraft abgekoppelt ist. Hier dürfen wir ausgezeichnete Ergebnisse mit der homöopathische Therapie erwarten (siehe der nächste Fall).

Wenn sich die fortgeschrittene Lokal-Pathologie soweit von der Lebenskraft „abspaltet“, dass sie deutlich Symptome eines anderen Mittels produziert[20], scheint dies einen Point-of-No-Return für eine homöopathische Heilung darzustellen. Gibt man diesem Patienten das Konstitutionsmittel, geht es ihm oft nur mehr gewisse Zeit besser und die lokalisierte Krankheit läuft trotzdem weiter, d.h. über allgemeine Stärkung der Lebenskraft erreicht man die fortgeschrittene Lokal-Pathologie nicht mehr. Gibt man das Mittel für die das Lokalübel, wirkt dieses bei der reduzierter Lebenskraft palliativ für einige Zeit, dann kommen Symptome eines anderen Mittels usw. und so begleitet man den Patienten der trotzdem insgesamt immer schwächer wird bis zum Tod –  von einem Mittel zum anderen im Bemühen, eine anständige Lebensqualität erhaltend. Das Problem ist bei diesen Fällen sicher v.a. der Faktor Zeit, die läuft davon.

Hier hilft schon einmal das Krankenhaus und restauriert den völlig dekompensierten Patienten manchmal wieder so weit, dass eine konstitutionell verordnete Homöopathie wieder wirksam werden kann. Wenn zB beim Krebspatienten der grösste Teil der Tumormasse durch schulmedizinische Massnahmen entfernt wurde, erreicht man durch das Konstitutionsmittel eine gute Wirkung: anhaltende Tumorfreiheit und gute Lebensqualität[21], ohne diese Massnahme würde die Zeit davonlaufen, bis man das Lokal-Übel mit Lokalarzneien in Griff hat. Fazit: manchmal kann eine schulmedizinische Therapie den Patienten gut über Krisensituationen hinweghelfen:

 

Case: schwerste Cardiomyopathie, Z.n. Reanimation – wichtiges Altersmittel AUR-ARS.

Noch bevor ich meine Praxis eröffnet hatte, wurde ich zu einem Patienten gebeten: ein 67 jähriger „Professor“ für alte Musik, er wäre in sehr schlechtem Zustand, könnte sein Zimmer nicht verlassen, sässe jetzt hier in Österreich an seinem Altensitz fest, dabei müsste er dringend nach München ins Herzzentrum zur Kontrolle.

Wegen eitrigen Zähnen litt er 14 Jahre lang an einer Cardiomyopathie und als er anlässlich seiner Pensionierung eine Messe dirigierte, erlitt er Kammerflimmern. Ein zufällig anwesender Arzt konnte ihn so lange reanimieren, dass er noch rechtzeitig in die Klinik kam. Dabei brach er ihm leider alle Rippen, der Patient erbrach und aspirierte. Nach geglückter Defibrillation lag der Patient für mehrere Wochen im Koma, die Aspirations-Pneumonie war kaum zu behandeln, da eine Salmonellen-Pneumonie.

Irgendwie überlebte er und war jetzt in bedauernswerten Zustand, kaum fähig auf die Toilette zu gehen, mit Mühe und Hilfe würde er alle paar Tage einmal vor das Haus gehen, Knöchelödeme, Orthopnoe, Blutdruck: schlecht messbar wegen seines chronischen Vorhofflimmerns, sehr große Puls-Amplitude. Viele Medikamente, davon 2 Antidepressiva.

Er war sehr ärgerlich, pedantisch, kleinmütig, als alter Professor mir jungem Arzt gegenüber viel zu ehrfürchtig. Von seinen Bekannten erfuhr ich noch: bei gemeinsamen Wanderungen früher pflegte er sich gerne – nachdem alle nach einer Rast aufbrechen wollten – ein Bier zu bestellen und dieses langsam und ohne Hast zu einer frischgestopften Pfeife zu trinken, während seine Begleiter vor dem Rasthaus warten mussten. Was musste das nur für ein Mensch sein?

Homöopathisch war ich damals sicher mit diesem Fall völlig überfordert, aber ich wusste einen scharfen Pfeil in meinem Köcher, denn einige Wochen vorher hatte ich bei einem Seminar von Dr. Ramakrishnan (Madras) über Aurum-arsenikosum als „Spezifikum“ für Herzkrankheiten erfahren. Ramakrishnan verwendet dieses Mittel routinemässig bei Koronarinsuffizienz und schwerer atheriosklerotischer Herzkrankheit. Er präsentierte uns mehrere Fälle, die jeweils vor und nach Gabe von Aurum-arsenikosum koronarangiographiert wurden. Typischer Befund war eine Verbesserung des Stenosegrades um 20-30%, je stenotischer das Koronar-Gefäss war, umso deutlicher. Dieses Mittel wollte ich meinem Patienten geben. Er bekam die LM3, 1 Tropfen pro Tag, gleichzeitig dirigierte ich seine Defibrillator-Kontrolle zum Krankenhaus Wels, da er ja hier in Österreich verblieb, machte es keinen Sinn die Kontrollen weiter in München vornehmen zu lassen.

Nach 6 Wochen rief er um einen neuen Termin, ich stand mit der Hilti® im Schutt – unser neues Haus umbauend – und bat ihn in einer Woche wieder anzurufen. Natürlich war er beleidigt und ich erfuhr dann ein Monat später, dass er in die Türkei auf Urlaub geflogen wäre.

Etwa ein halbes Jahr später erschien er in meine frischeröffneten Ordination. Er litt an den Nachwirkungen einer Antibiotika-behandelten Bronchitis, der Besuch der Kinder in Deutschland hätte ihn so angestrengt, dass er sich erkältet hätte, er fühlte sich schwach, musste immer noch husten. Sonst ginge es ihm ja gut seit man ihn in Wels auf ein neues Antidepressivum (Fluoxetin) umgestellt hätte, „diese Tablette hätte ihn gerettet“. Kein Wort über meine 3 stündige Anamnese bei ihm zuhause, das Mittel …. ..Ausser der Umstellung des Antidepressivums hatte er keine neuen Medikamente in Wels bekommen.

Beim Blutdruckmessen war ich dann fast wie erschlagen: ein schöner, runder Sinus-Rhythmus!!!!!!! Nach 14 Jahren Cardiomyopathie mit dokumentiertem Vorhofflimmern, Kammerflimmern, mehrmals Defibrillieren, wochenlange Beatmung ….., das ist ein Ding der Unmöglichkeit! Natürlich bekam er erneut ein Fläschchen Aurum-arsenikosum LM6. Nach einem Monat rief er an, es ginge ihm gut – und natürlich – „der Husten ist von selber vergangen“.

Wir hatten dann keinen Kontakt mehr und etwa eineinhalb Jahre später erfuhr ich, dass er gestorben ist, die Umstände kenne ich nicht. Was so unendlich eindrucksvoll an dieser Kasuistik war, ist einfach diese für einen Eingeweihten unvorstellbare Wiedereinstellung des Sinusrhytmus. Wir lernen ja, dass nach etwa 6 Wochen Vorhofflimmern ein irreversible Rekonfiguration des Myokards eintritt und Sinus nicht mehr möglich wird.

Rückblickend meine ich – gerade auch durch seine Verhalten nach meinem ersten Besuch – dass Aur-ars. für diesen Patienten nicht nur eine bewährte Indikation, sondern tatsächlich das Simillimum war. Nur so kann ich mir diese „Wunder-Wirkung“ erklären, einen völlig ausgebrannten Organismus in wenigen Wochen wieder soweit herzustellen, dass er zB. den Stress und den Klimawechsel einer Türkei-Reise wünscht und erträgt, dass sich der Sinus wiedereingestellt hat.

Hinweis: lesen Sie doch mal die Gemütssymptome dieses Mittels, zB im Ziegel [Retzek] nach.

 

Allgemeine Verhaltensregeln im Umgang mit alten Patienten

Man muss mit alten Menschen sehr deutlich. langsam, übermässig pronouciert und vereinfacht sprechen. Je älter, desto einfacher. Sie werden Sie dafür lieben und sie mit unendlichem Vertrauen belohnen. Anamnesen sind oft schwierig, der Patient kann sich an sehr vieles nicht mehr erinnern, verklärt oder verdrängt, meint die Fragen sind irrelevant. Sein Leid ist Teil seines täglichen Lebens und daher normal, manchmal gewünscht, Besserungen werden oft ignoriert, aber ihre Zuwendung als Behandler ist etwas ganz besonderes.

Ich habe keine gute Erfahrung damit, Patienten irgendetwas auszureden. Oft war ich aber erstaunt, wie rasch Patienten aus freien Stücken, ohne dass ich es empfohlen oder gewünscht habe, Medikamente absetzten. Wenn das Mittel passte! Alte Patienten wollen primär und hauptsächlich Sicherheit. Und allopathische Medikamente bieten ihnen zumindestens eine gewisse Sicherheit. Wenn Sie ihnen diese wegnehmen, müssen Sie ihnen die Sicherheit anderwaitig geben!!

Die meisten Medikamente dürfen nur langsam ausgeschlichen werden, ¼ der Dosierung pro Monat als Vorgabe gibt dem Patienten genügend Freiheit bei einem gut passenden Mittel in 1 Woche auszuschleichen. Vorsicht bei Hormonen: langjährige SD-Hormone oder sonstige hormonaktive Substanzen (zB Cortison) über längere Zeit gegeben benötigen lange Anpassungszeit beim Ausschleichen. Selbiges gilt für Antidepressiva.

Der Hausarzt ist der beste Freund des alten Menschen. Der Alte sieht den Hausarzt sehr oft, öfters als die eigenen Kinder. Es ist oft sehr mühselig, den immobilen Alten – durch mehrere Kinder – zu mir in die Praxis bringen zu lassen, der Hausarzt besucht ihn aber wöchentlich, bei guten Kassen auch gerne öfters.

Daher NIE, NIE, NIE, NIE gegen den Hausarzt oder dessen Therapien anreden. Der Alte ist sowieso voller Ängste, dass er sich durch den Besuch bei ihnen den Groll seines wichtigsten Freundes und Lebenspartners Hausarzt zuzieht.

Manche Patienten sind nicht gut diagnostiziert / therapiert und ich lasse gern alles sauber untersuchen[22], schicke besonders zu homöopathie-kritischen Fachärzten zur Untersuchung, was zur Folge hatte, dass mittlerweile mein einzige „Gegner“ vor Ort ein Bioresonanz-Homöopath ist. Selbst in Arztbriefen aus dem Krankenhaus steht manchmal „bei subjektiv gutem Befinden Fortführung der homöopathischen Therapie“. Das Klima in Österreich ist recht liberal und unsere überforderten Hausärzte sind meistens froh, wenn es ihren Patienten besser geht.

Bei alten Menschen in ihrem metastabilen Zustand empfehlen sich keine Experimente, die Homöopathie wirkt trotz Medikamente, zuerst muss ein eindeutiger Hinweis sein, dass es dem alten Patienten besser geht, bevor ich ihm rate, seine Medikamente auszuschleichen. Beta-Blocker stell ich allerdings auf ACE-Hemmer um, Cortison stört nicht unbedingt. Wenn eine Therapie nicht lief, hatte ich aber bisher immer das falsche Mittel getroffen.

Mit schulmedizinisch langjährig vorbehandelter PCP hatte ich bisher weniger Erfolg, allerdings auch wenige Patienten.

Nach meiner Erfahrung passt das Mittel meistens nicht, wenn der Patient nicht von sich aus bemüht ist, seine schulmedizinische („Begleit“-) Therapie loszuwerden. Ausnahme: Arsen und Arsen-Verbindungen, ev. Calcium. Hier bewahrt eine intensivere Plazeboisierung mit komplexeren Einnahmerhythmen („Mittwoch 2 Globuli Nr 1 am Abend, Freitag 5 Globuli Nr 2 zu Mittag 10 Minuten nach dem Essen in einen ausgespülten Mund ohne Wasser“) – die man immer genau und gut leserlich aufschreiben muss – den Patienten davor, noch 2 oder 3 andere Behandler – ohne Ihr Wissen – aufsuchen zu müssen. Dazu ein Fall

Case diffuse Metastasenleber bei Coecum-Carcinom

Ein 76j Patient – ehemaliger Schmid – mit diffuser Lebermetastasierung nach Coekumcarcinom, mehrfach voroperiert, kam von der “palliativen” Chemo in desaströsem Zustand, weiters komplexe und schier unerträglichen Schmerzen im Coekalbereich. Vor 20 Jahren ist seine Tochter gestorben. Dies schien ihn aber weniger zu belasten als ein Autounfall vor 3 Jahren. Er war immer noch voll des Grolls über den Gegner. Er schien nicht übermässig ängstlich, sprach aber mehrmals, er wolle noch etwas leben. Starkes Fettverlangen, liebt gutes essen, will geniessen. Wirkt trotz des Zustandes vital. Im Krankenhaus immer starker Gewichtsverlust, weil ihm Essen nicht schmeckt, zuhause die deftige Hausmannskost tat ihm gut und er konnte rasch wieder zunehmen.

Ich gab initial Nux-v., dann voller Mut Acidum-nitrikum. Es ging besser, aber die massiven und komplexen Schmerzen in der Ileocoecalregion verblieben. Er musste regelmässig zur „palliativen Chemo“ (bei diffuser Metastasenleber !!??), kam immer mit 5kg Gewichtsverlust und Komplikationen nach Hause, die wir wieder mit Nux, Phos. oder anderen abfingen. Aber es änderte sich nichts grundlegend. Bis er eines Tages mit einer massiven Lingua Nigra daherkam. Endlich fand ich Arsen.

Er war noch am selben Tag mit der C30 für viele Wochen völlig schmerzfrei, es ging ihm gut. Aufgrund des jetzt so guten Allgemeinbefundes wurde eine stärkere Chemo durchgeführt, Rückfall, erneut Schmerzen. Kein Ansprechen mehr auf Arsen 30 und 200, verschiedene andere Mittel versucht, ohne durchgreifenden Effekt. So vergingen wieder viele Monate „Schaukeltherapie“: Spital -> Verschlechterung -> Homöopathie -> Verbesserung. Ich konnte ihn nicht überzeugen, der (hier völlig sinnlosen) Chemo den Rücken zu kehren.

Dann verstand ich endlich das Ausmass der verschleierten Todesangst: Arsen XM bei diffuser Metastasenleber war eine Verzweiflungstat die mit sofortiger Schmerzfreiheit belohnt wurde. Ein Monat später ging er beschwerdefrei und mit guter Gewichtszunahme zur nächsten „Kontrolle“ ins Spital und verstarb an den Komplikationen einer explorativen Operation. Im Obduktionsbefund: diffuse Metastasenleber, weiters vom Coekum ausgehend retroperitoneale breitflächige Metastasierung bis rauf zur Leber. Ich durfte diesen Patienten 14 Monate begleiten, er war während der ganzen Zeit in besserem Zustand als vor Aufnahme der Homöopathie.

Hier begriff ich: Arsen braucht, selbst bei Beschwerdefreiheit, ein ganzes Krankenhaus um sich halbwegs sicher zu fühlen. Dieser Fall würde auch gut zur obigen Rubrik Konstitutionsmittel vs. verselbstständigte Lokalpathologie passen.

 

Eine schulmedizinische Therapie, die der Patient instinktiv sucht, ist entweder notwendig, Ausdruck einer suboptimalen Homöopathie oder der Patient benötigt Arsen (oder Calcium).

Meine Erfahrung: eine dem Patienten wirklich dienliche Schulmedizin hat keine Nebenwirkungen. Jedes Medikament, welches Nebenwirkungen produziert ist überflüssig[23].

 

Insgesamt ist die homöopathische Therapie alter Menschen sehr befriedigend, die Ergebnisse – wie aus den Kasuistiken sichtbar wird – oft sehr beeindruckend. Die größte Schwierigkeit bei dieser Patientengruppe sehe ich vorallem in der „Führung“ des Falles sowie in der Notwendigkeit sich v.a. bei der Anamnese in großer Geduld zu üben. Ich muss wirklich sagen, ich habe meine „Alten“ sehr gern und freue mich auf jeden Besuch.

 

Literatur

  • Gienow, die Psora
  • Hahnemann, Chronische Krankheiten, Band 1
  • Hellinger, Ordnung der Liebe
  • Plattner, Klassische Homöopathie – Erkennen und verantwortlich handeln
  • Retzek, Complete Materia Medica Mind
  • Risch, Laborde hereditären chronischen Krankheiten, Müller Verlag
  • Sankaran, The Spirit of Homeopathy
  • Scholten, Homeopathy & Minerals
  • Spinedi, Die Krebsbehandlung in der Homöopathie I & II

 

Autor

Dr.med. Helmut B. Retzek lernte Biochemie an einer HTL, war Jazz-Musiker, studierte in Wien Medizin. Von Beginn des Studiums Mitarbeit in der univ. biochem. Grundlagenforschung, 1 Jahr als Molekularbiologe an einer Universität in Kanada (Publikationen in internationalen Journals).

“Zufälliger“ Besuch 1992 eines Seminars von Rajan Sankaran bewirkte eine drastische Kehrtwendung der Lebensplanung: intensives Homöopathie-Studium, Publikationen in Zeitschriften, 1995 Veröffentlichung der Complete Materia Medica Mind (moderner Agrawal). Entwicklung eines Praxis-Dokumentations- und Verwaltungssystems. Viel “Ruhe” und Verständnis der Mechanismen brachte die seit 1998 forcierte Ausbildung bei Dr. Spinedi. Seit 1997 rein homöopathisch ausgerichteten Ordination in Vöcklabruck, Österreich.

Fussnoten



[1] ich entschuldige mich gleich für die umfangreiche Verwendung der Fußnoten. Dies um 1) Platz zu sparen, 2) den “Haupttext” durch mir notwendig erscheinende Zusatzerläuterungen nicht zu fragmentieren 3) Begriffsbestimmungen mitliefern zu können. Leider ist dadurch der Text sehr dicht geworden.

[2] das Similegesetz ist unser aller Grundlage. Nichtsdestotrotz gibt es Differenzen in der Vorgehensweise die Arznei, die wir für den Patienten am meisten dienlich erachten, auszuwählen. Oft sehen wir erst nach Jahren in der Zusammenschau, ob ein Mittel bzw. eine Vorgehensweise tatsächlich den gewünschten Effekt (tiefgreifende Heilung auf allen Ebenen nach der Heringschen Regel) erbracht hat. Nur hierfür dienen alle „Methoden“ der Arzneimittelfindung, alle Gruppierungen, alle „Reiche“, Elemente, Themen …., nur um: schnelle, sanfte, dauerhafte Wiederherstellung der Gesundheit, oder Hebung und Vernichtung der Krankheit in ihrem ganzen Umfange auf dem kürzesten, zuverlässigsten, unnachtheiligsten Wege, nach deutlich einzusehenden Gründen zu bewerkstelligen (§1).

Hierzu bedient man sich üblicherweise einer gewissen standardisierten Hierarchisierung. Unabhängig von der „Schule“ gilt: höchstwertig sind die §153 Symptome (das Charakteristischste der Störung), diese werden zur Vorauswahl der Arzneien verwendet. Die sich dabei ergebenden Mittel werden mittels §211 – „gut beobachtbare und objektive Geistes-Gemüts-Symptome“ (diese sind die beste Annäherung an den meist kompensatorisch verschleierten Geistes-Gemüts-Zustand) differenziert. Das dabei aufgefundene Mittel soll deutliche, v.a. langjährige Allgemeinsymptome ebenfalls gut decken. Probleme ergeben sich in der Vorauswahl der §153 Symptome: was ist denn in jedem Fall das auffallendste, eigenheitlichste, charakteristischste? In einem Fall mögen es eher die Warzen, im anderen Fall eine bestimmte Farbe der Laesion, der dritte Fall mag unter Ignorierung starker körperlicher Symptome vor allem über den Gemütszustand unter Ignorierung der Warzen zu lösen sein. Gemeinsam ist wohl den meisten Homöopathen, dass sie bei der Auswahl dieser §153 Rubriken zuerst nachsehen, ob das gewünschte Mittel auch drinnen steht.

[3] Ich bitte den Leser jeweils die Sätze um die einleitenden Worte „ich finde“, „nach meiner Meinung“, „aus meiner bisherigen Erfahrung“ … zu ergänzen, die ich um des Leseflusses und Platzes willen im nachfolgenden Text ausgelassen habe. Tatsächlich handelt es sich hier um persönliche Beobachtungen und dem Versuch daraus „Regeln“ abzuleiten, die durchaus nur relativen Charakter haben, ausschliesslich dem Zweck eines besseren Verständnisses der Dynamik von Störungen und Lebenskraft dienen sollen und hier als Diskussionsgrundlage vorgestellt werden. Die Realität ist chaotisch und komplex und die hier so “apodiktische” Einteilung ist natürlich nur als Versuch zu werten eine Übersicht aus Fällen abzuleiten – im ständigen Bemühen die Effizienz der Praxis zu steigern.

[4] die Fälle können aus Platzgründen und der Übersichtlichkeit halber nur sehr rudimentär präsentiert werden und dienen der Verdeutlichung des theoretischen Überbaues. Sicherlich wird jeder in seiner Ordination “zig” ähnliche Fälle vorweisen können und die präsentierte Gliederung anhand eigener Erfahrung analysieren, erweitern oder verwerfen können.

[5] Konstitutionsmittel: dieser gut eingeführte aber nirgends scharf definierte Begriff beschreibt in der Praxis ein Mittel, welches nach der in Fussnote 5 angegebenen Kriterien gewählt wurde und welches die Lebenskraft auf allgemeiner – nicht organspezifischer – Ebene stärkt. Dieses Mittel wird meist mehrmals in steigender Potenz nach der Kentschen Skala verordnet (200-200-M-M-XM-XM-CM-CM-200 ..) und jedesmal voll auswirken gelassen (> 5 Wochen, die CM > 3 Monate lang). Jedenfalls –  dies ist immer der Prüf- und Nagelpunkt eines  Homöopathischen Mittels – muss das „Konstitutionsmittel“ die §153 Symptome zum Verschwinden bringt sowie Brüche im Mental-State in heilender Absicht zum Vorschein bringt bzw. diese kittet. Diesen Begriff in der Theorie zu beschreiben mag wohl eher Thema eines eigenen Artikels sein.

[6] rückblickend hab ich der Organsprache des alten Menschen zuwenig Aufmerksamkeit beigemessen, bin im Beginn meiner Praxis zu stark von den Mentals ausgegangen und habe dann oft einige Zeit nach einem guten Mittel suchen müssen und dabei Zeit vergeudet.

[7] zB bei einem Carcinom ab einem bestimmten Stadium: das Mittel der Totalität tut dem Patienten gut, aber der Krebs wächst unbeeinflusst weiter

[8] zB: Frühverschlechterung, Versäumen von Symptomen, die auf ein besseres Mittel hinweisen durch mangelnde Beobachtung, vorallem die Spätverschlechterung bei fortgesetzter Gabe. Q-Potenzen eignen sich weniger für die „Routine“-Ordination. Die Erfahrungen der Gruppe um Dr. Spinedi in der Krebsklinik St. Croce mit den Schwerstkranken sind hier sehr erhellend.

[9] Dr. Ramakrishnan hat als einer der führenden Homöopathen Indiens in supervidierender Position mit vielen schwersterkrankten Patienten zu tun (zB. > 5000 Krebsfälle, > 3000 Diabetiker). Bei Schwerstkranken mit einseitigen Krankheiten gibt er sowohl das „Konstitutionsmittel“ (zB ein einer C200 einmal pro Woche) als auch simultan ein „Lokalmittel“ zB in der C30 oder D12. Er reklamiert sehr gute Erfolge bei Krebserkrankten. Das letzte Wort in der Vorgehensweise und Dosologie bei fortgeschrittenen einseitigen Krankheiten ist noch nicht geschrieben.

[10] Dies sind tief im körperlichen Bereich verankerte Störungen die vermutlich über paragenetische Mechanismen, wie zB über die DNS-Methylierung, weitergegeben werden. Jeweils mindestens eines der Elternteile ist entsprechend belastet. Sind beide Elternteile schwer miasmatisch belastet, kann es bei einer gleichsinnigen Belastung (zB tuberkulinisch – tuberkulinisch) zu schweren Missbildungen (Trisomie, „Syndrome“) oder frühzeitig auftretenden Krankheits- oder Operations-Komplikationen kommen, die oft eine „Behinderung“ zurücklassen. Nahezu alle behinderten Kinder in meiner Ordination kommen aus einer Tub-Tub Belastung. Bei ungleichartigen Belastungen durch die Eltern (zB sykotisch – syphilinisch) kann die Genetik meistens ausbalanziert werden und das Kind ist zwar anfällig, aber nicht missgebildet oder schwer reduziert. Hier zeigt sich klar der (para-) genetische Hintergrund einer miasmatischen Störung  – siehe die nächste Fußnote.

[11] „Systemisch“ im Sinne Hellingers: eine auf mehr als eine Generation erweitertes Verständnis krankheitsfördernder Einflüsse durch dramatische Lebensschicksale von Vorfahren, Vorgängern, Ausgeschlossenen ….., siehe [Hellinger].

[12] MIASMATISCH bedeutet ein gestörtes Reaktionsverhalten der Lebenskraft auf Stör-Einflüsse [Gienow]. Ich unterscheide die primäre (à 1.1) infektions-induzierte Störung [Hahnemann], die hereditäre (à 1.2) (=sekundär infektions-induzierte) Störung [Risch/Laborde] sowie (à 2.1) die Störung des Mental States (Delusion) [Sankaran] bzw dessen sekundär-hereditäre Form, die (à 2.2) systemische Störung [Hellinger]. Schliesslich könnte man noch echte Genschäden  (3) im klassischen Sinn dazuzählen:

à 1.1: Miasma als primäre infektionsinduzierte chronische Störung: dies ist die Folge einer Infektion mit einem Keim, der nicht durch das Immunsystem bewältigbar ist, zB „säurefeste Stäbchen“ (TB), fakultativ oder obligate Intrazellularier (Chlamydien, Mycoplasmen, Endobionten?, Viren …..) oder jene Keime (Syph, Borrellien, Pilze …) die sich anderer Schutzmechanismen bedienen, um dem Immunsystem zu entkommen. Wenn nun das Immunsystem durch seinen Versuch den Fremdkörper zu eliminieren hohen Schaden – im Sinn von „friendly fire“ – anrichtet (zB Kaverne in der Lunge als Resultat des Kampfes gegen den langsam wachsenden „harmlosen“ aber gut gepanzerten Schmarotzer TB), muss die Lebenskraft um des Überlebens willens ihre eigene, schädliche (Hyper-) Aktivität bremsen: es werden die dynamischen Reaktions-Muster verändert (man arrangiert sich mit dem Keim durch Down-Regulation des spezifischen Immunsystem-Teiles) à eine miasmatische Störung ist entstanden. Die Schwächung der einzelnen Substrukturen des Immunsystems wird vermutlich über DNS-Methylierung weiter vererbt, der Nachkomme hat dann ( à 1.2) eine hereditäre Immunschwäche auf derselben Ebene

à 1.2. Miasma als sekundäre infektionsinduzierte (aber sterile) chronische Störung: der Nachkomme von Punkt 1 hat eine ererbte Veränderung der dynamischen Reaktion auf Noxen und neigt zu entsprechenden Erkrankungen. Papa hatte eine TB, in seiner Lunge hat sein Immunsystem gewütet um die säurefesten (harmlosen) Stäbchen wegzubekommen. Papa konnte nur deswegen überleben, weil seine Lebenskraft die Abwehr gegen die TB-Bazillen runtergefahren hat. Der Bub kommt jetzt mit der ererbten Abwehrschwäche gegen den Leitkeim TB zur Welt. Drum hat er ständig Infekte: Bronchitis, Otitis, Anginen, ….  (siehe FN 10 ) Diese hereditär-miasmatisch belasteten Nachkommen KÖNNEN, ABER MÜSSEN NICHT zwangsläufig einen entsprechenden Mental State haben, das Mittel der tiefen Belastung kann im Rahmen der Therapie – oft mittels interkurrenter akuter Krisen – zum Vorschein kommen und initial durch einen ganz anders gelagerten Mental State maskiert sein. Daher kann eine Therapie v.a. des Mental States die tiefsitzende miasmatische Störung unberührt lassen (siehe die Biographie von Patel in [Risch/Laborde], S. 295ff). Eine umfassende Familienanamnese ist zur Beurteilung derartiger Belastungen unverzichtbar.

à 2. schwere Störungen des Mental States – entweder systemisch eingebracht oder durch Schocks („World-Trade-Center“ Trauma in NY) führen ebenfalls zu einer Veränderung des Reaktionsmusters, was sich über Jahre schliesslich in einer körperlichen Erkrankung manifestiert. Hier muss das Homöopathische Mittel primär und unbedingt den Mental State „heilen“.

à 3. Genschwächen – zB LDL-Rezeptor-Gen-Defekt mit massivster Hypercholesterinämie, Atheriosklerose ….., deren Ursache sind nachweisbare Single-Gen-Defekte, über saubere Therapie der vorhandenen Symptome lassen sich kompensatorische Regelkreise aktivieren und die Störung wesentlich verbessern. Praktisch immer unabhängig vom Mental State.

[13] plus/minus 10 Jahre. Je besser die Lebenshaltung, desto später – je stärker die Störung, desto früher.

[14] hier habe ich folgende interessante Beobachtung gemacht: Muriatikum-Patienten haben überzufällig gehäuft irgendeine Krise (Unfall, komplizierte Krankheit, „Schub“) im 17 LJ (Chlor hat Ordnungszahl 17 im Periodensystem), Phosphorikum-Patienten im 15 LJ, Natrium im 11-12 LJ, Magnesium im 12-14 Lebensjahr, Carbonikum um das 6te Lebensjahr. Hier scheint das Periodensystem tatsächlich reinzuspielen.

[15] Thema des Films: „das merkwürdigeVerhalten geschlechtsreifer Erwachsener in der Grossstadt“, oder der neuen Serie „Sex in the City“. Selbst schwerst miasmatisch oder systemisch belastete Menschen verhelfen ihren Genen zum Weiterleben, danach kümmern sie sich wieder vordringlich um ihre Störung.

[16] unter einer guten antimiasmatischen Therapie werden die Muttermale heller, kleiner und schliesslich weniger (ausgenommen die roten Haemangiömchen), Atherome entzünden und entleeren sich, heilen schliesslich ab.

[17] sehr häufig das erste gleichgeschlechtliche Kind, das braucht überzufällig häufig das Mittel des entsprechenden Elternteils.

[18] Fälle, die dem Anfänger den Kopf verdrehen und ihn unvorbereitet lassen für die oft mühselige Alltagspraxis, wie sie so eindrücklich in [Plattner] Buch beschrieben wird. Leider erlebt man derartige Wunderfälle zu selten, Gott sei Dank aber oft genug.

[19] hier haben sich schon mehrmals folgende Beobachtungen bewährt: Sepia gedanklich in jenen Rubriken ergänzen, in denen Nat-mur steht (Künzli/Spinedi), sowie Lyc in jenen Rubriken, wo Alum. steht (Retzek).

[20] also zB der Lycopodium Patient mit seinem fortgeschrittenen Prostata-Carcinom, der deutliche Conium oder Carbo-animalis Symptome durch seine Knochenmetastasen bekommen (Schmerzen, Lähmungen …..)

[21] mit folgenden paar Mitteln werden die meisten Patienten in der Krebsklinik St. Croce, Orselina (Dr. Spinedi) mit gutem Erfolg behandelt: con., ars., sil., carb-an., phos., sep., lach., lyc., calc-c., thuj., sulph., bell (Seminar Locarno 9/2001)

[22] Nur einmal bestand ich – bei einer VIP-Patientin mit menstrueller Migräne seit 25 Jahren, in ständiger Kontrolle beim Neurologen – nicht auf Vorlage eines Schädel-CTs. Eine Dosis Nat-mur. XM brachte die Migräne für 6 Monate zum Verschwinden, die nächste Dosis nur für 2 Monate, den zeitweilig auftretenden Schwindel interpretierte ich als Symptom der erneut ausbrechenden Psora (Hahnemann, Symptomenauflistung der latenten und ausbrechenden Psora in Chronische Krankheiten, Band 1: Nahezu jede chronische Störung zeigt sich durch Episoden von Schwindel. Wenn der Schwindel beginnt werde ich sehr wachsam, es gibt zB. kaum einen Carcinom Fall ohne Schwindelepisoden in der Anamnese Jahre vor der Diagnose). Plötzlich kam sie zur Operationsvorbereitung, ein 4cm durchmessendes Astrozytom hinterlies schliesslich postoperativ eine Fazialisparese. Als ich mich dann bei der Patientin für meine diagnostische Nachlässigkeit entschuldigt habe, meinte sie „aber sie haben mir doch das CT mehrmals angeraten, auch mein Neurologe. Ich habe das aus eigener Entscheidung so lange nicht durchgeführt“.

[23] Verständlich, es produziert dann eine Arzneimittelprüfung was immer ein Zeichen für Übersättigung der Lebenskraft mit der Information darstellt. Wenn das Medikament nicht ganz abgesetzt werden kann, dann die Dosis reduzieren (Vorsicht Heilpraktiker, bitte einen Arzt „aufbauen“, der mitspielt und das auf die eigene Kappe nimmt)

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