Indische Impressionen
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Indische Impressionen

Besuch von Toni Rohrer bei Dr. R. Patel, Indien

In diesem Sommer hatte ich das Privileg, 2 Wochen in der Praxis von Dr.R.Patel in Kerala, Südindien, verbringen zu können. Der Wunsch, ihn aufzusuchen, entstand in mir durch folgenden Sätze, die er im Vorwort seines Buches „Die Kunst der Fallaufnahme und Repertorisationspraktik in der Homöopathie“ (Verlag Müller& Steinicke, München) schrieb:

„Einst glaubte man, Krebs sei unheilbar und auch die Homöopathie könne hier nichts machen. Aber er ist heilbar, dank einem tieferen Verständnis der Homöopathie und der Miasmatik. Ich habe in meinen 45 Jahren als Arzt über 10.000 Fälle von Krebs behandelt. Zweitausend dieser Fälle werde ich in den nächsten zehn Jahren in einem zwanzigbändigen Werk der homöopathischen Welt zugänglich machen. Es wird die erste Veröffentlichung dieser Art sein, in der so viele Krebsfälle mit wissenschaftlichen Untersuchungen und Belegen zusammengefaßt sein werden. Diese Veröffentlichung wird mein letzter Beitrag zur Homöopathie sein. Sie soll der Homöopathie und den Homöopathen die Möglichkeit geben, bessere Ergebnisse in ihrer täglichen Praxis zu erzielen mit Hilfe der „Reinen Homöopathie“, wie ich sie verstehe. Ich selbst hatte 1960 einen malignen Tumor, dank der Homöopathie lebe ich noch.“

Dr.Patel gehört zu den letzten Vertretern einer Homöopathengeneration, die bald ausgestorben sein wird. Zu seinen Lehrern zählten noch die direkten Schüler Kents, wie Sir John Weir und Arthur Grimmer, die Entdecker des Carcinosins Foubister und Templeton, legendäre Homöopathen wie Otto Leeser, Pierre Schmidt oder Elizabeth Wright -Hubbard. Er ist seit 50 Jahren Arzt und kommt aus dieser erwähnten Schule und verfügt über immense Erfahrung. Dabei ist er ein in die Homöopathie Initiierter, in diesem Sinne, als er selbst an einem Fibrosarkom erkrankte und mehrere Operationen zwischen 1960 und 64 hatte und schließlich 1966 Lungenmetastasen bekam. Er wandte sich an Kliniken in Japan, England, USA aber alle Ärzte versicherten ihm, daß es dagegen schulmedizinisch keine Behandlung gäbe. Das genaue Studium der chronischen Krankheiten Hahnemanns und sein Miasmenverständnis retteten ihn. „Daß ich heute noch lebe, verdanke ich ausschließlich der Homöopathie und deshalb möchte ich der Homöopathie soviel als möglich zurückgeben“, wie er mir sagte. Allein in diesem Abschnitt seiner Lebensgeschichte erkennen wir seine außergewöhnliche Persönlichkeit. Es ist klar, daß er sich in seiner Praxis hauptsächlich mit schweren Krankheitsbildern beschäftigt und besonders, aufgrund der eigenen Lebenserfahrung, Krebspatienten behandelt. Indische Homöopathen können ihre Behandlungen frei ausüben, da die Patienten alle Behandlungen privat bezahlen müssen und sich viele Patienten die teure Chemotherapie nicht leisten können oder wollen.

Ich hatte jetzt die Gelegenheit 88 Krankengeschichten von Krebspatienten während meines Aufenthaltes zu studieren. Während des Tages las ich mich durch die Akten und Abends von 18 bis 20Uhr konnte ich dazu Dr.Patel meine Fragen stellen, bzw. erklärte er mir seine Art der Vorgehensweise bei schweren chronischen Krankheiten.

Die Lehren, die ich aus seinem Therapieansatz ziehen kann, lassen sich so zusammenfassen:

1. Die Verwendung seltener Arzneien, die nach klinischen Gesichtspunkten eingesetzt werden, wie TNT, Thiosinamin, Scrophularia nodosa oder Hedera helix.

2. Der häufige Einsatz der Darmnosoden Dr.Patersons. Dazu kann ich wenig sagen, das spiegelt die Homöopathieschule Englands der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts wider, in der Dr.Patel seine Ausbildung erfahren hatte.

3. Die Behandlung der chronischen Krankheiten nach den Lehren von Hahnemann und Kent, unter besonderer Berücksichtigung der miasmatischen Betrachtungsweise chronischer Krankheiten. Dabei stützt er sich besonders auf die Fußnote zu §40 ORG: „Nach genauen Versuchen und Heilungen dieser Art complizierter Krankheiten, bin ich nun fest überzeugt, daß sie keine Zusammenschmelzung sind, sondern daß in solchen Fällen die eine nur neben der andern im Organismus besteht, jede in den Teilen, die für sie geeignet sind, denn ihre Heilung wird vollständig bewirkt durch eine zeitgemäße Abwechslung des besten antisyphilitischen mit den die Krätze heilenden Mitteln, jedes derselben in der angemessensten Gabe und Zubereitung.“

Dr.Patel bestimmt zur Behandlung das chronische (miasmatische) Mittel, bzw. gibt immer wieder dazwischen Gaben der Nosode des betreffenden Miasmas.

4. Gerade schwere Erkrankungen lassen sich nur erfolgreich behandeln wenn man wirklich die hahnemannsche Theorie der Behandlung chronischer Krankheiten beherrscht. Gerade in dem Punkt habe ich wieder Einiges dazugelernt.

5. Eine wesentliche Erkenntnis, die sich aus dem vorherigen Punkt ergibt, ist die Bedeutung von Calcium carbonicum als wichtige Krebsarznei. Calcarea ist eines der wichtigsten Antipsorika und die Psora ist für Dr.Patel die hauptsächliche Grundlage für das Entstehen eines Karzinoms.

6. Verwendet werden meist LM-Potenzen in der LM1 oder LM3.

7. Zusätzlich kommt eine Diät und Beratung der Lebensordnung und ein strenges Kontrollschema. Krebspatienten müssen 1 mal pro Monat in die Praxis kommen.

8. Die Verordnung für einen Krebspatienten schaut meist so aus:

a) Ein lokal wirkendes Mittel in der Urtinktur, bzw. D3, als „Ausleitungsmittel“.

b) Ein lokal wirkendes organotropes Mittel um die Tumorsymptome zu lindern, meist in der LM1 oder LM3. Diese Potenzen werden oft über Jahre gleich gegeben.

c) Das chronische (antimiasmatische) Mittel in der LM30 oder C30, 200 oder M-Potenz alle zwei Wochen

d) Das chronische antimiasmatische Mittel kann durch eine Nosode in der C30 oder 200 ersetzt werden. Auch die Nosoden werden zweimal monatlich gegeben und das über einen längeren Zeitraum.

Wir haben es hier ungefähr mit derselben Verschreibungsweise zu tun wie sie uns von C.Burnett bekannt ist. Ich war sehr beeindruckt vom Erfolg dieser Verschreibungsart, denn viele Krebspatienten, deren Krankengeschichten ich studieren konnte, kommen schon jahrelang in die Praxis, die ältesten Krankengeschichten, die ich studieren konnte, stammen aus den 70er Jahren.

Kurz auszugsweise zwei Krankengeschichten, wobei ich bewußt nicht die spektakulärsten ausgesucht habe, sondern durchschnittliche, um die Vorhensweise zu zeigen:

1. Patient, 42a, männlich, Diagnose: Kleinzelliges Bronchialkarzinom

CT-Befund vom 25.03.94 zeigt einen Tumor von 60 mal 40 mal 135 mm Größe in der linken mittleren Lungenregion. Es wird zur Chemotherapie geraten, die der Patient nicht durchführen will.

Derzeit: Husten, gelbes Sputum, schwierig heraufzubringen. Linksseitige Brustschmerzen strahlen zum linken Schulterblatt und zur Schulter. Appetitverlust, Gewichtsverlust. Kopfschmerzen in der Sonne und bei körperlicher Anstrengung, besser durch Schlaf. Brennende Bauchschmerzen, Verstopfung. Vor 2 Wochen mit dem Rauchen aufgehört.

Therapie am 25.03.94:

-Hydrastis D3 zwei mal tgl. 5 Tropfen

-Calcium carbonicum LM3 drei mal tgl.

-Carcinosinum C30 alle zwei Wochen

20.04.94: Kopfschmerzen, Brustschmerzen, Husten mit Schleim, kleiner Knoten in der rechten Axilla. Therapie idem.

06.05.94: Verstopfung, wenig Appetit. Therapie idem.

07.06.94: Brennen der Handflächen, Kopfschmerzen seit 2 Tagen. Therapie idem.

20.06.94: Brustschmerzen, Schlaflosigkeit, Brennen der Füße. Therapie: Aconit LM8

04.07.94: Kopfschmerzen, Verstopfung, Brustschmerzen. Therapie wieder mit Hydrastis, Calcium carb. und Carcinosin in den Potenzen wie oben.

19.07.94: Verstopfung, Stuhl nur ein mal pro Woche. Dr.Patel gibt Bittersalz und Einlauf.

09.08.94: Kopfschmerzen, Knieschmerzen, Schmerz in der linken Brust. Therapie wie vorher.

03.09.94: Schmerzen linkes Bein, linke Hand, Verstopfung. Therapie idem.

30.09.94: Brustschmerzen, Kopfschmerzen. Therapie idem.

Die Therapie wird gleich weitergegeben bis zum:

10.01.95: Fühlt sich besser, kein Husten. Therapie idem

Und so weiter in monatlichen Kontrollabständen.

06.07.96: Heiserkeit nach dem Sprechen. Therapie idem

In dieser Art geht es weiter, wobei, trotz verschiedenster Beschwerden die Therapie gleich weiterläuft.

Letzter Bericht vom 29.06.2001: Gelegentliches Brennen im Abdomen: Therapie idem.

2. Patientin, 73 Jahre, Diagnose: Aplastische Anämie

Vorgeschichte: Seit 7 Jahren wird die Patientin wegen einer Colitis ulcerosa schulmedizinisch behandelt. Sie nimmt Prednisolon 5 mg tgl. Eine Knochenmarksbiopsie des Beckenkammes vor 2 Monaten ergab die Diagnose aplastische Anämie. In den letzten zwei Monaten mußte die Patientin 9 Bluttransfusionen erhalten. Sie leidet jetzt unter Schwäche, Beinödemen und Atemnot, Gewichtsabnahme. Letzte Thrombokontrolle: 22.000. Verlangen nach saurem Essen, Abneigung Süßes, weinerlich, Verschlimmerung durch Aufregung.

Therapie vom 19.01.96:

Alfalfa Urtinktur, zwei mal 10 Tropfen tgl.

Phosphor LM 3 zwei mal tgl.

Syphilinum 200 2 mal pro Monat

17.02.96: Fühlt sich besser. Therapie: Alfalfa, Phosphor weiter, Hirudo 30 zwei mal pro Monat.

23.03.96: Wenig Appetit, Hb 6,7; keine Transfusionen mehr. Therapie: Hirudo 30 alle 10 Tage, Alfalfa und Phosphor weiter.

20.04.96: Sodbrennen nach scharfen Gewürzen, wenig Appetit. Hb 6,5. Therapie idem.

21.06.96: Hb 7,2; Thrombo 24.000. Therapie idem.

24.08.96: Hb 6,8. Therapie: Phosphor LM 3 und T.N.T. 30 alle 10 Tage.

31.10.96: Hb 7 Therapie idem.

15.11.96: Hb 7,7 Therapie idem.

Und so weiter in monatlichen Kontrollen.

03.02.97: Hb 8,5 Therapie idem.

16.08.97: Wieder wurde eine Bluttransfusion gegeben. Therapie: T.N.T.30 alle 10 Tage und Vanadium C12 zwei mal tgl.

15.11.97: Sturz auf den Rücken mit Prellung. Therapie idem.

07.01.98: Noch Rückenschmerzen, benützt ein Mieder, Schwierigkeiten beim Gehen. Therapie idem.

27.02.98: Hb 10,5. Therapie idem.

Und so weiter in monatlichen Kontrollen.

06.10.98: Appetitmangel. Therapie idem.

12.12.98: Hb 9,7, Thrombo: 180.000. Therapie: T.N.T. 30 zwei mal tgl. und Vanadium C12 ein mal tgl.

Und so weiter.....

08.05.99: Hb 10,5 Therapie idem.

Letzter Bericht vom 19.05.01: Hb 11. Geht gut. Therapie selbstverständlich idem

Zum Schluß noch zwei Zitate aus der Materia Medica von Boericke (Haug-Verlag):

Trinitrotoluenum (T.N.T.):

„Die Symptome sind bei Munitionsarbeitern gefunden worden. Die zerstörende Wirkung von TNT auf die Erythrocyten ist für die Anämie und Gelbsucht mit ihren Sekundärsymptomen verantwortlich. Das Hämoglobin ist verändert, so daß es nur unzureichend als Sauerstoffträger fungieren kann und als Folge hiervon kommt es zu Atemlosigkeit, Schwindel, Kopfweh, Schwäche, Herzklopfen, übermäßiger Müdigkeit, Muskelkrämpfen und Zyanose als Ergebnis; wie auch Schläfrigkeit, Niedergeschlagenheit und Schlaflosigkeit. Spätstadien der Vergiftung rufen ein Bild toxischer Gelbsucht und aplastischer Anämie hervor“.

Thiosinaminum:

„Ein Solvens, äußerlich und innerlich, zum Auflösen von Narbengewebe, Tumoren, vergrößerten Drüsen. Strikturen und Verwachsungen“.

Auch diese Arznei (Thiosinamin) wird von Dr.Patel häufig bei Karzinompatienten eingesetzt.

siehe Publikation von Dr. Retzek über Thiosinaminum

 

Autor:

Dr.Anton Rohrer

8734 Großlobming

anton.rohrer@magnet.at

Publiziert in der HIÖ xxx 2001

 

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